Berliner AK 07– VfB Germania Halberstadt 4:2
12.09.2021
Poststadion Berlin
Regionalliga Nordost
Zuschauer: 447 (ca. 9 Gäste)
Die Nacht war – mit Ohrstöpseln im Ohr – recht geruhsam,
trotzdem (oder deswegen) brauchte ich beim Klingeln des Weckers um kurz nach 7 ein
paar Sekunden, mich zu sortieren. Dachte ich zuerst ich sei zuhause,
realisierte man recht schnell, dass man in Polen ist und heute noch ein paar
Kilometer westwärts vor sich hat. Hilft ja nix, es ist das Leben, das wir
wählten….
Also saß man eine knappe Stunde später wieder im Auto. Dass
ein wesentliches Teilstück der Strecke Legnica >> deutsche Grenze aus
Baustellen besteht, in denen man offiziell nur mit 60 km/h voran kommt, wusste
ich nicht. Das Zeitpolster war zum Glück recht großzügig und so erreichte man
irgendwann die Randbezirke der Hauptstadt.
Heute sollte dann endlich das Trauma aus dem Jahre 2012
bewältigt werden. Aber was war damals passiert?
Das altehrwürdige Poststadion wartet seit dem und bis zum
heutigen Tag sehnsüchtig auf meinen Besuch, der dann heute fix stattfinden
sollte. Kollege Blaubacke als SVM-Allesfahrer wohnte dem o. g. Kick bei und
hatte daher schon sein imaginäres Kreuz hinter das altehrwürdige Stadion
gesetzt. Nicht schlimm, denn in solch einer Stadt wie Berlin lässt sich
problemlos ein Alternativprogramm finden, welches mit BFC Dynamo gegen Chemie
Leipzig sogar ein ganz feines war. So kurvte ich also von Süden kommend einmal
quer durch die Stadt durch so Bezirke wie Neukölln und Friedrichshain und
musste höllisch aufpassen, nicht so ein Exemplar der Gattung Hauptstadt-Hipster
versehentlich vom Retro-Rennrad zu holen, ehe ich meinen Beifahrer in Hohenschönhausen
vorerst verabschiedete. Hier gibt es keine Hipster, dafür Plattenbau und
kernige Fußballasis. Schön hier!
Naja, jedenfalls wurde an diesem Ort ordentlich
Fußballgeschichte geschrieben, so insbesondere in Zeiten der Weimarer Republik
und den frühen Jahren der Naziherrschaft, als z. B. 1934 das deutsche Fußballendspiel
zwischen Schalke und Nürnberg vor 45.000 Zuschauern stattfand. Der
Besucherrekord liegt offiziell gar bei 55.000, die zum Spiel der
Nationalmannschaft gegen Norwegen im Jahre 1936 anwesend waren. Selbst der
Scheitelmann aus Braunau am Inn soll hier mindestens einmal ein Spiel gesehen
haben, welches er aber Gerüchten zu Folge vor Abpfiff verlassen haben soll,
also streng genommen nicht kreuzen konnte. Ob die Groundhopping-SS damals
anwesend war, und sich diesem Fall angenommen hat, konnte bislang jedoch nicht
recherchiert werden.
Heute hingegen finden sich überschaubare 447 Zuschauer ein,
Ex-Meppens Fabian Senninger sitzt paar Meter von mir entfernt mit paar Kumpels;
ich verzichte aber darauf ihn anzulabern. Etwas unerwartet wird der Berliner AK
von einer Hand voll Fans gelegentlich akustisch unterstützt, warum aber einige
dieser Typen Englisch sprechen, lässt mich ratlos zurück. Ist ja grundsätzlich
in Berlin nicht unüblich, hatte ich hier aber nicht erwartet.
Ebenso wenig, wie dass eine Bullibesatzung sportlich gekleideter Lads aus Halberstadt anwesend ist, welche gelegentlich einen „Hal-ber-stadt-Chant“ von sich hören lässt und zu Mitte der zweiten Halbzweit irgendwie mit irgendwas Trouble hat und daher das Stadion verlässt, um sich nach Abpfiff mir vor dem Stadion im Bullenkessel zu präsentieren. Ziemlich geschenkter Tag für die Jungs würde ich sagen, zumal es für die Gastmannschaft nach zweimaliger Führung noch eine kernige 4:2-Niederlage setzt. Der Berline AK bleibt somit dem Spitzenreiter aus Hohenschönhausen auf den Fersen. Eben hier wurde nach Spielende ja noch der Blaubacke eingesammelt, der von einem unterhaltsamen Spielbesuch inmitten von Atzen mit fragwürdigen politischen Ansichten berichten konnte, ehe es die rund 5 Stunden auf den Heimweg ging.