Das Karl-Liebknecht-Stadion in Potsdam stand schon
seit einiger Zeit auf meiner Agenda und wie es halt so ist, versucht man
natürlich immer neue Grounds mit halbwegs lohnenden Spielen zu machen.
Durch den Abstieg Rostocks und den Aufstieg
Babelsbergs kam es also heute zum Aufeinandertreffen beider Teams in der 3.
Liga und alle Voraussetzungen für einen unterhaltsamen Nachmittag waren
gegeben. Das Ausschlafen musste dafür heute mal ausfallen und so saß ich um
halb 8 im Auto, um die knapp 500km abzureißen. Trotz ein paar Baustellen auf
der A2 kam ich gut voran und war auf den Punkt genau um 12 Uhr in der Filmstadt
vor den Toren Berlins. Der in der Nähe des Stadions gelegene Netto-Markt diente
als Parkplatz und von dort ging es zunächst zu Fuß zu den Kassenhäuschen, da
eine Karte noch fehlte. Trotz vorheriger Meldungen, dass es am Spieltag
keine Karte mehr zu kaufen gebe, gab es noch ein paar Sitzplätze zu
erstehen, wenn auch für unverschämte 18 Euro. Naja, ist hier sicherlich
das Spiel des Jahres und die Nachfrage bestimmt den Preis. Trotzdem bisschen
wucher.
Da noch etwas Zeit blieb, ging es erstmal wieder
zurück zum Auto, da auf nebenliegender Hauptstraße der Hansa-Zugfahrermob
ankommen musste. Das Polizeiaufgebot natürlich heute recht groß, ca. 600 Beamte
waren im Einsatz und hatten ganze Straßen abgesperrt, um ein direktes
Aufeinandertreffen beider Lager zu verhindern, was auch anscheinend klappte.
Die Medien gossen zudem zusätzlich vorab Öl ins Feuer, indem sie nicht müde
wurden, den Begriff des „Hassderbys“ auszureizen und die Verwüstung Babelsberg
durch marodierende Horden von der Ostsee zu prophezeien. Zwar ist durch die
Kontakte der Heimszene zu der vom FC St. Pauli sicherlich etwas Brisanz in der
Partie, aber im Gegensatz zu Babelsberg bieten die Hamburger auch die
entsprechende Szene, um Rostock auch auf der Straße ggf. etwas entgegensetzen
zu können. Naja, derartige Aktionen blieben heute jedenfalls aus, auch
wenn vereinzelt. St. Paulianer zugegen waren.
Der Hansa-Mob, angereist im Sonderzug, legte den Weg
zwischen Bahnhof und Stadion recht imposant zurück. Gesänge, Böller und
natürlich begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot ging es letztendlich
doch recht gesittet Richtung Gästeblock, welcher sich heute mit ca. 2.500
Rostockern beinahe vollends füllte. Das Karl-Liebknecht-Stadion ist ein reines
Fußballstadion, welches durchaus zu gefallen weiß. Zum einen von der Lage her,
denn die Gegend ums Stadion ist etwas kiezartig und somit ganz nett, zum
anderen verfügt es über eine unüberdachte Stehplatztribüne auf der Geraden und
hinter einem Tor, auf der anderen Geraden befindet sich ein überdachter
Sitzplatzbereich und einige Stehplätze. Blickfang sind sicherlich die
einklappbaren Flutlichmasten, hab ich so auch noch nirgends gesehen. Der
andere Hintertorbereich befindet sich momentan im Bau und wird irgendwann eine
neue Tribüne präsentieren. Pluspunkte bekommt auch auf jeden Fall der Mann/die
Frau hinter der musikalischen Untermalung vor dem Spiel und in der Halbzeit.
Statt sinnloser Sponsorenjingles bekommt man hier feine Klänge a la Donots oder
auch Floggin`Molly geboten. Daumen hoch für soviel Musikgeschmack!
Minuspunkte hingegen bekommt das Sitzplatzsystem. Ungefähr
90 Prozent alle Plätze sind Dauerkartenbesitzern vorbehalten, die heute bei
diesem Spiel des Jahres natürlich alle da waren. Eigentümer einer „normalen“
Tageskarte müssen sich irgendwo dazwischen einen freien Platz suchen, was doch
zu einigen verbalen Entgleisungen zwischen den Besuchern führte. Kam man also
mit zwei oder gar mehr Zuschauern, war es heute kaum möglich nebeneinander zu
sitzen. Neben mir saß dann auch noch so ein Spezialist, der mir meinen
ganzen Ärmel mit dem Senf seiner Bratwurst vollschmierte und dann, schneller
als ich gucken konnte, auch noch mit der Serviette alles verrieb. Als Entschuldigung
bot er mir an, mal von seiner in Senf getränkten Bratwurst abzubeißen….
Unfassbar!! Geht’s noch?
Wenig später schmierte er sich dann noch selbst die
Hose und einen Schuh mit Senf voll. Freak!!
Kommen wir zur Stimmung: Die heimische Ultraszene
nennt sich „Filmstadtinferno“ und findet sich im rechten Bereich der Geraden
ein. Intro oder dergleichen gab es keins, ansonsten war man mit vielleicht 150
Mann stets bemüht, schaffte es aber nicht, das übrige Publikum mitzuziehen. Generell
schien es so, als wäre Babelsberg stimmungstechnisch ein Friedhof, würde sich
nicht eine kleine Ultraszene wacker bemühen. So wurde es natürlich ein
Heimspiel für die Mecklenburger, die mit einer kleinen Pyroaktion zu Beginn und
nach dem ersten Tor, sehr lauten Gesängen und geilen Hüpfaktionen des gesamten
Blocks einen Auftritt der 1A-Sorte hinlegten. Hin und wieder gab es auch
noch ein paar Böller, bis dann irgendwann der Stadionsprecher von Spielabbruch
beim nächsten Zwischenfall sprach. Wäre sicherlich lustig im Rostocker
Fanlager geworden, hätte Bibiana Steinhaus das Spiel beim Stand von 2:0 für die
Gäste abgebrochen. Letztendlich wurde aber regulär zu Ende gespielt, Rostock
blieb seiner Favoritenrolle gerecht und sammelte drei Punkte für den direkten
Wiederaufstieg.
Nach dem Spiel dann direkt wieder die viereinhalb Stunden zurück nach Meppen abgespult.