KS Cracovia – KP Legia Warszawa 1:2
12.03.2016
Stadion Cracovii
Ekstraklasa
Zuschauer: 14.000 (ca. 1.000 Gäste)
Neuer Tag, neues Spiel.
Zunächst aber konnte man ausschlafen, denn der nächste Termin stand erst um 12
Uhr im nahe der tschechischen Grenze gelegenen Bielsko-Biala an. Dieser
Spielbesuch kam recht spontan zustande, denn ursprünglich wollte ich zum
14-Uhr-Kick von Rakow Czestochowa, bemerkte aber im Netz, dass fürs
erstgenannte Spiel zwischen Stal Bielsko-Biala und Jastrebzie beide Szenen
mobil machen und sich generell gegenseitig wohl nicht sooo cool finden. Also
nicht lange überlegt und spontan umgeplant.
Der Zonk, wie sich bald
herausstellen sollte, denn am Stadion angekommen lungerten noch ein paar
typisch polnisch aussehende erlebnisorientierte Jungs durch die Gegend und
Ordnungsdienst/Cops waren vereinzelt im Stadion anzutreffen, aber keine
Kassenhäuschen geöffnet. Ich ahnte nichts Gutes und auf Nachfrage wurde meine
Befürchtungen bestätigt. "No
Match today because of the weather".
Alter, kann doch nicht wahr sein. Wir sind hier in Polen!
Bei nem Viertligamatch!!!
Da sagt man doch nicht einfach wegen bisschen Regen kurz vorher ab, schon gar
nicht, wenn sich hoher Besuch aus Deutschland ankündigt. Aber es half alles
nichts. Hier würde heute kein Ball mehr rollen, geschweige denn zwei
verfeindete polnische Mobs aufeinander eindreschen.
Zu schade, hatte mich
wirklich auf diesen Kick gefreut, zumal es die große Unbekannte dieser Tour
darstellen sollte, wo man absolut nicht wusste, was einen fantechnisch und
stadionmäßig (immerhin ein ganz ansehnlicher 14.000er Neubau) erwarten sollte.
Gerüchten zu Folge soll das Wetter übrigens nur ein vorgeschobener Grund
gewesen sein, denn in Wahrheit haben die Sicherheitsorgane augenscheinlich wohl
ein bisschen wacklige Knie gekriegt und spontan abgesagt. Großes Kino, Leute.
Ordentlich angepisst wie ich war, beschloss ich direkt nach Krakau zu fahren
und tat dies absichtlich und um ein paar Zloty Autobahnmaut zu sparen via Landtrasse.
Knapp zwei Stunden für
knapp 100 Kilometer; kann man mal machen, wenn man massig Zeit hat.
In der ehemaligen Hauptstadt
(bis 1596) dann aber auch viel zu früh angekommen und direkt mal das Auto
strategisch günstig für eine schnelle spätere Abreise am Cracovia-Ground
geparkt. Was also jetzt tun?
Irgendwo hatte ich bei
meinen Vorabrecherchen mal mit einem Auge gesehen, dass Viertligist Garbania
Krakow an diesem Samstagnachmittag eii Heimspiel auszutragen gedachte.
Ohne hundertprozentig
sicher zu sein, wurde einmal mithilfe von Citymaps2go über die Weichsel
navigiert und nach ca. 40 Minuten stand ich vor einem Gammelground in einem
noch stärker vergammelteren Industriegebiet.
Außer mir war jedoch so
gar niemand anwesend und ich war auch nicht weiter traurig, hier keinem Spiel
beiwohnen zu müssen, denn außer einer kleinen vielleicht 20 Meter langen
Holztribüne, die mit einigen Sitzschalen ausgestattet war, wurde auf dem Kunstrasenplatz
nichts Herzerwärmendes dargeboten.
Angepfiffen wurde hier
heute übrigens schon um 12 Uhr, wie man später im Netz erfuhr, also mal locker
ne Stunde nach Anpfiff zu spät gewesen. Irgendwie halt aber nicht schlimm, weil
wie gesagt - totaler Bumms!
Somit mal zurück in die Stare Miasto (Altstadt) geschlendert, mal sehen, ob man
noch spontan an ner Demo gegen die aktuelle Regierung teilnehmen kann, aber
auch hier war nichts los, während in Warschau paar Tausend auf den Straßen
waren.
Also statt Protest gab es nur Pizza auf‘m Marktplatz und anschließend dann echt
mal zum Stadion. Dieses wurde im Jahre 2009 einer Grundsanierung unterzogen und
kommt nun als vollüberdachter Allseater daher, der nicht sonderlich kreativ
aber auch nicht sonderlich hässlich wirkt.
Zumindest sind - wie ja
im Bericht zuvor bereits erwähnt - solch Bauten recht akustikfördernd und dies
kam das ein oder andere Mal heute gut zum Tragen.
Cracovias Anhang in diesem Spitzenspiel (Dritter gegen Zweiter) jedenfalls
stark motiviert und wie durchaus in Polen öfters zu sehen bzw. zu hören, war
auch das gemäßigtere Publikum durchaus sangesfreudig.
Besonders geil find ich
es immer, wenn kurz vor Spielbeginn eine geile Vereinshymne über die Boxen
dröhnt, die Musik irgendwann abgeschaltet wird und das Publikum mit dem
hochgehaltenen Vereinsschalt über‘m Kopf leidenschaftlich und voller
Vereinsliebe weitersing, so wie hier
heute.
Auch
sonst war neben
guter Stimmung alles geboten, was man sich so vorstellt. Cracovia
zeigte in
Anlehnung an das Jahr der Vereinsgründung 1906 rotweiße
Fahnen, was schon ein
großartiges Bild abgab, was allerdings durch die „Kibolska
Subkultura Cracovia“ (als Kibole werden in Polen im weitesten
Sinne Hools bezeichnet, so wird aus dem eigentlichen Klub Sportowy Cracovia also frei übersetzt "Hooligan Subkultur Cracovia") -
Blockfahne, die nahezu Hintertorseite und Gegengerade einnahm, getoppt wurde.
Legia füllte den Gästebereich ebenfalls ordentlich zu ca. 80 % aus und
verschaffte sich des Öfteren durch polentypisch kurz-brachiale Legiaaaaa
Warszawaaaaaa-Rufe Gehör.
Find ich ja total geil,
glaub ich könnte mir auf ner längeren Autofahrt locker über zwei Stunden von CD
oder so nur dieses „Legiaaaaa Warszawaaaaaa“ anhören. Der Schrotti grölt das ja
auch des Öfteren mal in Dauerschleife auf Parties, wenn er betrunken ist, wobei
aber die wenigsten Gäste natürlich wissen, was das soll bzw. wer denn dieser
Legiaaaaa Warszawaaaaaa überhaupt ist. Aber ist n anderes Thema....
Interessant auch wieder einmal das Klientel, das die Mannschaft Legias
begleitet. Hoher Prozentsatz gestandener Männer, kaum Teenager oder sowas und
die Typen an den Außenbereichen des Gästesektors dauerhaft gestenreich am Provozieren
und wurde mal ein wenig am Zaun gerüttelt, gab es ohne Vorwarnung eine Ladung
Pfeffer von den im Pufferbereich positionierten Ordnern. Jedenfalls wenig zimperliche
Sitten hier.
Ansonsten aber alles entspannt, und das obwohl beiden Seiten sich nicht unbedingt sympathisch finden, da zum Beispiel Cracovia ne enge Freundschaft zu Lech Poznan pflegt, welche Legia ja zu seinen Erzfeinden zählt. Jedenfalls nahm der Hauptstadtclub hart erkämpfte 3 Punkte mit aus dem schönen Krakau und ich machte mich mit durchgedrückten Gaspedal auf den Weg zurück nach Chorzow....