Hapoel Tel Aviv FC – Hapoel Ramat Gan FC 2:0
29.03.2018
HaMoshava Stadion
Liga Leumit
Zuschauer: ca. 5.000 (ca. 50 Gäste)
Die Wahl des
diesjährigen Osterdomizils sorgte im Vorfeld für leicht rauchende Köpfe.
Ursprünglich
war Costa Rica erste Wahl, was dann „aus Gründen“ genauso schnell wieder
verworfen wurde und dann doch Ziele im „Nahverkehr“ anvisiert wurden.
Warm sollte
es nach dem tristen deutschen Winter und dem nicht so richtig in Gang kommenden
Frühling auch sein und natürlich sollte auch der Ball irgendwie rollen.
Nachdem
Zypern und Griechenland kurz angedacht waren, erhielt dann letztendlich Israel
den Zuschlag, zumal die Flugpreise sogar noch etwas günstiger waren, als nach
Zypern und mit einer Verbindung Eindhoven-Tel Aviv-Eindhoven mit Transavia eine
preislich wie auch zeitlich passende Direktflugvariante auserkoren war, sodass
man nicht wie Chriss Flyer stundenlang im Transitbereich irgendeines
osteuropäischen Airports vegetieren musste, nur um irgendwann seinen
Anschlussflug zu kriegen…
Über die
Einreiseprozedur nach Israel hatte man bis dato unterschiedlichste Sachen
gelesen, denn von alles easy bis zur kompletten Durchleuchtung vom Mossad war
alles dabei.
Bei uns war es
dann doch eher ersteres, lediglich am Airport Eindhoven wird jeder mit
Destination Tel Aviv mal kurz von einem freundlichen Flughafenmitarbeiter
beiseite genommen und zum Grund der Reise bzw. zu seinem Gepäck befragt ehe es
dann nach etwa einer Minute n kleinen grünen Aufkleber in den Pass gibt. Das
war’s.
Der gut
vierstündige Flug dann auch völlig unspektakulär und auch am Ben Gurion Airport
bei der Passkontrolle dann kurze Frage nach dem Grund der Reise ehe es „Welcome
to Israel“ hieß und der Pass samt einer kleinen blauen Aufenthaltsgenehmigung (nicht
verlieren!!) wieder in meine schmierigen Hände wanderte. Einen Stempel in den
Pass gibt es seit einiger Zeit nicht mehr, was sicherlich als positiv zu werten
ist.
Um dann vom
Airport in die Stadt zu kommen, kann man zum Beispiel mit der Bahn (Free wifi
und massig Steckdosen! Hallo, Deutsche Bahn) für 13,50 Schekel (4 Schekel
gleich 1 Euro) zum zentralen Savidor-Bahnhof fahren, was auch nur etwa 25
Minuten benötigt.
Von dort
dann noch eine ca. 25-minütige Busfahrt (5,90 Schekel) und man steht quasi vor
dem für die nächsten Nächte auserkorenen Hotel, welches uns zu einem halbwegs
akzeptablen Preis (hust, hust) und in guter Lage für die nächsten Nächte
beherbergen sollte Um es vorweg zu nehmen. In Tel Aviv ist bis auf öffentliche
Verkehrsmittel alles sauteuer, sodass man quasi auch eine Woche am Züricher See
oder in Saint Tropez Urlaub hätte machen können.
Selbst Übernachtungsmöglichkeiten
bei AirBnB beschleunigen meinen zwangsläufig irgendwann eintretenden Fall in
die Privatinsolvenz erheblich, vorausgesetzt man will nicht in dem allerletzten
verwanzten Drecksloch pennen.
So war dann
auch der lokale Supermarkt um die Ecke unser persönliches Pilgerziel, statt
fürstlich im Restaurant zu speisen. Nur mal so zum Verdeutlichen: für 0,5 Liter
Gerstensaft werden in der Gastronomie schonmal schnell 6-7 Euro aufgerufen,
während der Halbe zumindest im Supermarkt auch mal für 2,50 zu haben ist.
Die nächsten
Tage wurden zunächst damit verbracht, die Stadt zu Fuß zu erkunden. Über
wesentliche Sehenswürdigkeiten verfügt Tel Aviv nun zwar nicht, vielmehr kommt
die Stadt als junge, pulsierende und hippe Großstadt daher, wo kaum etwas davon
zu spüren ist, dass man mehr oder minder von allen Nachbarstaaten gehasst wird.
Städte, die
über einen direkten Strandzugang verfügen, können grundsätzlich schonmal
punkten und so ist der in Tel Aviv ein echter Top-Beach, an dem Einheimische
und Touristen sonnenbaden oder Sport treiben. Daumen hoch!
Am dritten
Tage sollte dann aber endlich der Ball rollen und zwar im HaMoshava Stadion,
welches etwas außerhalb im Vorort Petach Tikva liegt, aber mit dem Bus vom
Stadtzentrum bequem innerhalb einer guten halben Stunde erreicht wird, ehe man
an der Bushaltestelle direkt vorm Ground ausgespuckt wird.
Hapoel Tel
Aviv ist nun sicherlich kein völlig unbekannter Name für all diejenigen deren
internationaler Fußballhorizont über Real Madrid und Arsenal London hinausgeht.
Seit Staatengründung 1948 immerhin acht Mal Landesmeister und stolze zehn Mal
Landespokalsieger.
Vor einem
Jahr stieg man dann aber seltsamerweise in die zweite Liga ab, in der man aber
nun mit sicherem Abstand die Tabellenführung einnimmt und wohl in der
nächsten Spielzeit wieder erstklassig spielen wird.
Hier winkt
dann also auch wieder das Aufeinandertreffen mit dem Lokalrivalen Maccabi Tel
Aviv, was sicherlich ganz interessant sein dürfte.
Optisch hat
im Stadtgebiet jedenfalls nach Graffitis und Aufklebern zu urteilen klar Hapoel
dieVorherrschaft, respektive deren führende Ultragruppe „Ultras Hapoel 99“. Politisch
gibt man sich dabei als eine der wenigen Szenen Israels als links bzw. gar
antifaschistisch, was einerseits in den Ursprüngen der Arbeiterbewegung (Hapoel
= Arbeiter) liegen mag, andererseits auch an den zahlreichen Antifa-Fahnen im
Block deutlich wird.
Auch der
allseits bekannte Freibeuter-Totenkopf ist mehrmals zu erspähen, lose Kontakte
bzw. Sympathien bestehen ganz offensichtlich auch zum Hamburger Kiezclub.
Trotz des
Abstieges halten die Fans ihrem Verein in guter Zahl die Treue und der aktive
Mob sammelt sich mittig der Geraden, wobei das Stadion insgesamt nur über zwei
baugleiche Tribünen verfügt und sich hinter den Toren kein nennenswerter Ausbau
befindet.
In der Hoffnung
auf ein paar Bilder hatte ich mich wohlweislich gegenüber des Heimmobs positioniert,
ehe mir auffiel, dass ich statt meiner zoomstarken Kompaktkamera meine
Spiegelreflexkamera mit 50mm Festbrennweite eingepackt hatte. Arrrrghhh, damit
konnte ich heute ungefähr genauso viel anfangen, wie Donald Trump mit Moslems,
aber nun ja. Optische Akzente in Form von Choreografien etc. blieben heute eh
die Ausnahme, vielmehr schickte der heimische Anhang feine Melodien durchs
Rund, wobei bemerkenswert ist, dass bereits locker 30 Minuten vor Anstoß
angefangen wurde zu singen und man auch während des Spiels die Mannschaft
akustisch dauerhaft unterstütze.
Das Ganze
wie gesagt überaus gut und melodisch. Irgendwie ein bisschen Italien, eine
Prise Marokko, einen Esslöffel Südamerika miteinander verrührt. Fertig!
Insgesamt sehr authentisch und daher auch sehr sympathisch. Spielerisch jetzt nicht das bemerkenswerteste Niveau, wobei Tel Aviv die Partie über weite Stellen dominierte und trotz eines verschossenen Elfers am Ende verdient mit 2:0 als Sieger vom Platz ging. Zufrieden mit dem Gesehenen und Gehörten ging es nach dem Spiel wieder zurück, ehe auf dem Hotelzimmer der Länderpunkt mit einem Fläschen des heimischen Goldstar Bieres gewürdigt wurde…
P.S.: Wen es interessiert, der erhält mit dieser kurzen Doku noch einen kleinen Einblick in diesen sympathischen Verein und dessen Fans...