FK Lokomotiv Moskau – FK Arsenal Tula 1:1

01.10.2016

Premjer Liga

Stadion Lokomotiv

Zuschauer: 8.743 (ca. 300 Gäste)

 

Eine Reise in Wladimirs Reich stand ebenfalls schon seit längerer Zeit auf der To-Do-Liste, scheiterte aber immer wieder aus verschiedenen Gründen. Mit dem 3. Oktober als freier Montag im Hinterkopf wurde dann aber eines Abends die Flugsuche im Netz etwas intensiviert und schnell ein mit rund 135 Euro recht preiswerter Returnflug mit der Airline S7 via Düsseldorf gefunden. Hin am Freitag, zurück am Montag, das passt, um am Dienstag wieder pflichtgetreu beim Arbeitgeber auf der Matte zu stehen.

Jan und meine Freundin signalisierten ebenfalls starkes Interesse, also mal flink gebucht. Die nächste Hürde bestand in der Beschaffung des Visums, welches man am besten per Agentur erledigt, da man sich ansonsten um eine persönliche Einladung kümmern muss, was zwar auch teilweise von den jeweiligen russischen Hotels übernommen werden kann, aber uns insgesamt zu hampelig und nervig erschien, zumal die Ersparnis gegenüber einer Agentur nun auch nicht sehr wesentlich war. Agentur König erwies sich hier als kompetent und noch wenigen Tagen lagen die Pässe mit dem notwendigen Visum im Briefkasten.

Über die zuvor genannte Airline hatte ich zugegebenermaßen vorher noch rein gar nichts gehört und jeder, der mich fragte, mit welcher Airline wir denn fliegen, äußerte auf meine Antwort eher ein zaghaftes "Aha" (was wohl eigentlich "Oh Gott" meinte) aber man tut dieser Airline durch solch Vorverurteilungen unrecht.

In frischer grüner Farbe kommen die zumeist genutzten Airbus A320 daher und zu unserer Begeisterung gab es n recht anständigen Bordservice mit einem Saft, einem warmen Essen und einem Kaffee/Tee obendrein. Da kann man nicht meckern und nimmt auch das nochmalige Durchstarten im Landeanflug auf Moskau-Domodedovo und die damit verbundene Extrarunde genügsam in Kauf.
Die Passkontrolle nach der Landung zog sich zeitlich doch etwas in die Länge, da lahmarschiges Personal und nur spärlich besetzter Schalter, verlief aber absolut unproblematisch. Nun noch mit dem Aeroexpress in 45 Minuten zum Bahnhof Paweletkij und von hier noch kurz vor dem Schließen der Metro ein paar Haltestationen und zwei Umstiege zum vorerst letzten Ziel des heutigen Tages (naja, eigentlich war der neue Tag mittlerweile auch schon eine Stunde alt) zur Haltestationen Sokolniki, wo unser gleichnamiges Holiday Inn gelegen war, welches uns für drei Nächte beherbergen durfte.
Puhh, war ein langer Tag! Gute Nacht!!

 
Der nächste Tag sah erst um 17:00 Uhr den in der Kopfzeile erwähnten Kick vor, sodass noch ordentlich Zeit für das Sightseeingprogramm blieb. Klar, wenn du effektiv nur einen Tag in Moskau bleibst, sind solch Orte wie Kreml, Roter Platz sowie das Kaufhaus GUM mit angrenzender Basilikus-Kathedrale Pflicht.

Zudem drehte der Spätsommer an diesem Samstag mit Sonne und 17 Grad nochmal richtig auf, was neben zahlreichen asiatischen Touristen auch viele Einheimische nach draußen zog, ehe vermutlich in wenigen Tagen/Wochen Väterchen Frost seinen eisigen Mantel für die nächsten 6 Monate übers Land legt.
Irgendwann dann mit der Metro aber in den Nordosten der Stadt, wo die Partie zwischen Lokomotiv und Arsenal Tula um 17 Uhr Ortszeit angepfiffen werden sollte.
Am Stadion bildeten sich vor den Kassenhäuschen eine halbe Stunde vor Anstoß längere Schlangen, in der man locker 20 Minuten stand, ehe man an der Reihe war. Die Olga hinterm Schalter bat mich aber um einen Moment Geduld und hantierte mit dem Kartenlesegerät herum bzw. druckte weiß der Teufel warum und für wen Unmengen von Tickets aus. Langsam rückte der Anpfiff dann auch näher, ich stand aber immer noch wie Hein Blöd vor der Trennscheibe, während es an den Kassen links und rechts von mir recht fix ging und sah im Spiegelbild wie hinter mir junge sonnenbebrillte und Kapuzenpullover tragende junge Männer langsam ungeduldig werden und sich wohl fragen, warum dieser Typ da vorne alles aufhält. Irgendwie hatten sie auch bereits gecheckt, dass ich kein Russe bin, aber ehe es hier etwas ungemütlich hätte werden können, bin ich an der Reihe und hab flink 3 Tickets zu je 600 Rubel (1 Euro gleich ca. 70 Rubel) ergattert. Beim erleichterten Verlassen der Schlange gibt mir einer der Jungs mit glasigem Blick noch die gelallte Aussage "I am Hooligan" mit auf den Weg, was ich kurzerhand mit einem "Yes, Ok" quittiere und mich schnell mit den anderen beiden Richtung Eingang verziehe. Keine Ahnung, was der jetzt von mir wollte.
Naja, das Stadion Lokomotiv kommt ganz ansprechend daher. Netter zweirangiger überdachter Allseater-Ground, welcher im Jahre 2002 einer Generalsanierung unterzogen wurde und nun 28.800 Menschen Platz bietet. Ausgereizt wird diese Kapazität jedoch so gut wie nie, auch zum heutigen Kellerduell soll sich die Hütte nur knapp zu einem Drittel füllen.

Dennoch finden sich zwei je 300-400 Mann starke Fansektoren ein, was mich zumindest bei den Gästen, welche mit reichlich Fahnenmaterial die rund 180 Kilometer auf sich genommen haben, überrascht.

Um ehrlich zu sein ist nun Arsenal Tula kein Team, welches ich vorher großartig als existent wahrgenommen hätte, der einzige Titel in der Vereinschronik ist dann auch die Meisterschaft der 3. Liga im Jahre 2013. Immerhin wird das Team seit ein paar Wochen von Sergei Kirjakow trainiert, der einigen noch aus seiner Bundesligazeit beim HSV und Karlsruher SC bekannt sein dürfte. Ein zarter Hauch von Prominenz, also.

Beide Fangruppen sorgten jedenfalls dafür, dass die an sich niveauarme Partie nicht zum Einschlaf-Programm wurde. Was der Anhang von Loko (wie der Verein von seinen Anhängern hauptsächlich genannt wird) veranstaltete, fand ich durchaus ok. Osteuropa-typische dumpfe, raue Gesänge, Doppelhalter, Fahnen und sogar etwas Pyro ließen die Anhänger der nur dritten Kraft nach ZSKA und Spartak heute in einem ganz ordentlichen Licht stehen.

Zur Belohnung wurde durch einen Foulelfmeter in der 90. Minute wenigstens ein Punkt gerettet, was dort im Tabellenkeller gegen einen unmittelbaren Konkurrenten trotzdem eigentlich zu wenig ist.

Nach dem Spiel entlang des von reichlichen Sicherheitskräften gesicherten Wegs zur Metro und die zwei Stationen zurück zum Hotel, wo der restliche Abend mit der Livepartie Leverkusen versus Dortmund im russischen TV sowie ein paar Bier beendet wurde. Die Nacht sollte nicht allzu lang werden…