Brescia Calcio – Palermo FC 4:2

02.03.2024

Stadio Mario Rigamonti

Serie B

Zuschauer: 5.317 (ca. 900 Gäste)

 

 

Curva Sud klingt schöner als Südkurve, Curva Nord schöner als Nordkurve und ein leidenschaftlich ausgestoßenes Vaffanculo hat deutlich mehr Melodie als jedes deutsche Schimpfwort.

Zeit also, erneut dem Treiben in den Curva Suds und Nords südlich der Alpen zuzuschauen.

Die Ansetzung versprach den Doppler Brescia-Palermo sowie Monza-Roma mit Kickoff um 14 Uhr und 18 Uhr.

Prädestiniert also für den obligatorischen Frühflug Köln/Bonn-Bergamo am Samstagmorgen.

Da ich deutlich zu alt bin und kein Bock habe, mitten in der Nacht alleine von Meppen zum Airport zu fahren, asselte ich mich bereits am Freitag nach der Maloche mit dem 49 Euro-Ding gen Airport. Hoch die Hände, Wochenende!

Das Leonardo-Hotel erhielt dort eine Buchung von mir, um noch etwa 6 Stunden Schlaf zu bekommen.

Grundsolider Laden, allerdings recht hellhörig, denn es war die Nacht kürzer als erhofft. So wurde ich nachts um 3 aus den Träumen gerissen, weil offenbar direkt über mir eine Matratze malträtiert wurde, wenig später ergänzt durch das lustvolle Gequieke der Gespielin. Ach herrje.

Nach Vollzug des Aktes schlummerte ich wieder ein, nur um kurze Zeit später erneut geweckt zu werden, da offenbar Runde 2 eingeleitet wurde.

Pennt doch einfach oder bummst leise, ihr jungen Menschen!!!

Dann kann ich also auch aufstehen, denn schlafen kann ich nun nicht mehr und die 15 Minuten zum Airport laufen.

Der Rest war Formsache und überpünktlich setzte der „Rainer“ am Aeroporto Orio al Serio auf.

Ohne Mietwagen ist der Doppler nicht zu machen, also gönnt man sich einen solchen. Gebucht war die kleinste Version aller denkbaren Versionen, irgendein Fiat oder sowas. Stattdessen gebe es -wenn man bereit sei Automatik zu fahren- ein Upgrade, da (so die Frau vom Verleih) der Italiener mit Automatik nicht gut zurecht komme.

Nunja, er kommt grundsätzlich mit Autos nicht zurecht, auch nicht mit manueller Schaltung, aber das ist ein anderes Thema.

So gab es für faire 17 Euro nen schneidigen Ford Puma mit offensichtlich ordentlich PS unterm Lack, die dynamische Wildkatze wurde aber von mir routiniert kontrolliert und über die Mautstraßen des nördlichen Stiefels geführt.

Next Stopp Brescia, welches ca. 50 km östlich von Bergamo liegt und Zweitligafußball zu bieten hat.

Brescia Calcio erlebte schon bessere Zeiten und kann auch ein paar Saisons Seria A nachweisen, wenngleich man zumeist nach einer Spielzeit direkt wieder abstieg (zuletzt am Ende der Saison 2019/2020) und dann immer ein paar Jahre in Liga 2 rumdümpelte. Also eher Zeitligist als stabiler Erstligist.

Ebenso der Gastverein aus Palermo, welcher in typisch sizilianischer Art als wahrer Chaosclub daherkommt.

 

2019 wurde die US Palermo im Zuge finanzieller Ungereimtheiten aufgelöst, nur um wenig später als SSD Palermo wieder aufzutauchen und wiederum seit 2022 als Palermo FC langsam versucht an ehemalige Zeiten anzuknüpfen.

Das Stadion Mario Rigamonti, benannt nach einem Sohn der Stadt, der in den 1940er-Jahren zur erfolgreichen Mannschaft des AC Turin gehörte, welche beim Flugzeugabsturz von Superga umkam und so im Alter von nur 28 Jahren sein Leben ließ, ist ein ziemliches Stahlrohrmonster, denn vor seine alten verfallenen Ränge wurde einfach eine neue Tribüne aus Stahlrohr errichtet. Fertig! Muss man nicht toll finden, ist aber in Italien ja keine Seltenheit.

Eingerahmt von einer sanften Hügellandschaft der Lombardei hat es trotzdem irgendwie Charme.

Und wichtiger war ja heute auch, was auf den Rängen passiert. Das Stadion ist selten mit mehr als einem Viertel der Kapazität gefüllt, aber in der Curva Nord sammeln sich seit eh und je die ganz Treuen und supporten bedingungslos und ausdauernd hinter dem „Curva Nord Brescia-Banner“ ihr Team. Grundsolider Auftritt; hat Laune gemacht, ohne das Rad neu zu erfinden.

Interessanterweise findet sich mittig der Gegengeraden ein weitere kleines Grüppchen mit deutlichen höherem Altersschnitt, welches die kompletten 90 Minuten ihr eigenes Süppchen kocht. „Brescia 1911“ heißt diese Gruppe, welche aus Ex-Curva Nord Leuten besteht, die sich aber aus verschiedenen Gründen von der Hauptgruppe abgespaltet haben.

Gar nicht absehen konnte ich, wie viele Sizilianer sich im Gästebereich einfinden werden. Step by step trudelten die Leute ein, alles aber eher Normalos und vermutlich zum Großteil nicht direkt aus Palermo, sondern mittlerweile im Norden wohnend. Eine halbe Stunde vor Anpfiff fuhren dann aber tatsächlich noch zwei Busse Ultras vor, stürmten den unteren Bereich des Gästeblocks und flaggten den „Curva Nord-Banner“ an. Geil und großer Respekt. Zwischen Palermo und Brescia sind‘s knapp 1.500 Kilometer. Das wäre ungefähr so, als müssten wir aus Meppen nach Florenz zum Auswärtsspiel.

Das ist vielleicht ein oder zwei Mal geil, aber nicht sechs, sieben, acht oder neun Mal pro Saison. Absolut stark!

Stark war dann auch, was der Mob so ablieferte. Guter Tifo, viel Bewegung, Leichtigkeit und sizilianisches Temperament. Definitiv ein runder Auftritt.

Und auch auf dem Feld ging es rund. Brescia geht bereits in der 2. Minute in Führung; Palermo gleicht drei Minuten später per Elfmeter aus. So ging das weiter, bis es zur Halbzeit 4:2 stand. Sollte ich Zeuge meines persönlich torreichsten Pflichtspiels werden?

Leider nein, denn paradoxerweise blieb die zwote Hälfte torlos.

Mir aber auch egal, denn so oder so hat’s hier Spaß gemacht. Abpfiff, und weiter geht’s nach Monza!