Real Cartagena – Tigres FC 3:1
22.10.2024
Estadio Jamie
Moron Leon
Categoria
Primera B
Zuschauer: ca. 6.000
Kolumbien
sollte das Ziel des diesjährigen Herbsturlaubs sein – ein Reiseziel, das schon
eine ganze Weile auf der Agenda stand. Zwar wird eine Aufenthaltsdauer von
lediglich 12 Tagen diesem riesigen Land mit Karibikküste, Anden, Regenwäldern,
Wüsten und besuchenswerten Städten niemals gerecht, aber mehr Zeit ist eben
nicht verfügbar. Wer sagt denn, dass man nur einmal hier sein muss? Vermutlich
bräuchte man locker ein halbes Jahr, um der Vielseitigkeit dieses Landes
annähernd gerecht zu werden.
Leider
muss ich die eventuell hohen Erwartungen an eine Vielzahl besuchter
Fußballspiele etwas dämpfen, denn es wurde lediglich ein oben genannter Kick
besucht, da der Fokus nicht auf Fußball lag – obwohl auch in dieser Hinsicht
das Land einiges zu bieten hat. So werde ich wohl in diesem Leben kein
richtiger Groundhopper mehr. Schade, aber sei’s drum.
Das
Programm stand bei Reiseantritt noch gar nicht vollständig fest; lediglich die
Flugroute Amsterdam-Cartagena-Amsterdam war gebucht, da sie mit Abstand
günstiger war als beispielsweise Amsterdam-Cartagena-Medellin/Bogotá-Amsterdam.
So brachte uns an diesem Montagmorgen der vollbesetzte KLM-Flieger mit kurzem
Stopp in Bogotá in die sehenswerte Kolonialstadt an der Karibikküste namens
Cartagena bzw. Cartagena de Indias, wie sie korrekt heißt. Wohl jeder
Kolumbien-Reisende wird einmal hierhergezogen, denn die Stadt besticht durch
ihr Flair. Einen starken Kontrast bieten die zwei Gesichter der Stadt: Während
die Altstadt seit 1984 UNESCO-Weltkulturerbe ist und mit ihren zahllosen
Kirchen und Kolonialbauten sehr farbenfroh, stellenweise aber auch etwas nervig-touristisch
wirkt, bildet das Geschäftszentrum rund um Bocagrande mit seiner imposanten
Skyline einen starken Gegensatz. Konstante Temperaturen um die 30 Grad bei
hoher Luftfeuchtigkeit muss man mögen; sie sorgen aber auf jeden Fall für das
passende Karibik-Feeling.
Zwei bis
drei Tage reichen hier dann auch völlig, sodass Medellín das nächste Ziel war.
Die geeignetsten Fortbewegungsmittel in Kolumbien sind einerseits der Bus oder
das Flugzeug. Wir wählten Letzteres, denn die Verbindungen innerhalb des Landes
sind gut und auch kurzfristig oft für einen zweistelligen Eurobetrag zu haben.
Avianca ist die führende Airline, daneben sind JetSmart, Latam und Wingo auf
dem kolumbianischen Airline-Markt vertreten.
Auch die
Stadt Medellín, die sich nach vielen Jahren der Escobar-Ära von einer der
gefährlichsten Städte der Welt in beeindruckender Weise zu einer modernen und
lebensfrohen Stadt entwickelt hat, wurde auf dieser Reise besucht. Touristen
halten sich am ehesten in den Trend-Stadtteilen El Poblado oder Llares auf,
während man andere Bereiche wie das Zentrum nach Einbruch der Dunkelheit besser
meidet. Neben ein paar Tagen Sightseeing wurde auch die Inselgruppe Islas de
Rosario besucht, wo es sich inmitten schöner Natur einige Tage lang
schnorcheln, tauchen oder einfach entspannen ließ – top!
Weniger
erfreulich waren jedoch die spontanen Wendungen im Zusammenhang mit den
geplanten Fußballbesuchen, denn Kolumbien hält für Fußballtouristen einige
Überraschungen in Form von Spielverlegungen oder Geisterspielen bereit. Fest
eingeplant war eigentlich ein Besuch bei Atlético Nacional in Medellín, dem
populärsten Club des Landes, dessen Barra Brava sich durchaus mit denen aus
Argentinien messen kann. Doch etwa eine Woche vor der Reise sickerte durch,
dass der Verband den Club zu sechs Geisterspielen verurteilt hatte – wohl wegen
Ausschreitungen bei einem Heimspiel Ende September. So blieb uns nur ein
wehmütiger Besuch am leeren, aber beeindruckenden Stadion Atanasio Girardot
während des Städtetrips in Medellín. Auch Stadtrivale Independiente Medellín spielte
während unseres Aufenthalts auswärts, sodass das Stadion unbesucht blieb – eine
bittere Enttäuschung.
Ein
weiterer geplanter Besuch war das Pokal-Derby-Rückspiel zwischen Deportivo Cali
und América de Cali in Cali. Doch auch hier entschieden sich die
Verantwortlichen aus Sicherheitsgründen kurzfristig für ein Spiel ohne
Zuschauer. Trotz aller Irrungen und Wirrungen hätten wir innerhalb unserer 12
Tage dennoch 3–4 Spiele sehen können, doch das hätte in ein völlig chaotisches
Herumgereise ausgeartet und unsere Beziehung vermutlich auf eine harte Probe
gestellt.
So blieb
letztlich „nur“ ein Zweitliga-Spiel zwischen Real Cartagena und Tigres FC, um
den Länderpunkt dennoch mitzunehmen. Auch die Ticketbeschaffung erwies sich als
schwierig: Die meisten Clubs sind mittlerweile auf Online-Tickets umgestiegen,
was für Ausländer einige Hürden mit sich bringt. Die beiden großen Anbieter
sind Fanki und Tuboleta, die beide eine App bereitstellen, doch die Fanki-App
ließ sich auf meinem deutschen Handy nicht installieren – nicht mal mit
VPN-Tricks. Zudem ist eine Zahlung nur mit kolumbianischer Kreditkarte oder
einem lokalen Bankkonto möglich. Ein Ticketverkauf am Stadion findet nicht
statt, zumindest nicht in Cartagena. Letztlich brachte uns ein Einheimischer
für einen fairen Preis mit virtuellen Tickets ins Stadion, das allenfalls halb
gefüllt war.
Das
ganze Prozedere macht wenig Spaß und verdirbt einem als ausländischem Fan
schnell die Lust auf einen Stadionbesuch. Aber gut, so waren wir dann
jedenfalls drin und konnten bei einigen Dosen eisgekühltem Aguila-Cerveza, das
für rund einen Euro von fliegenden Händlern angeboten wird, das Geschehen
beobachten.
Ein schönes
Stadion, das muss man sagen – auch wenn die Farbkombination grün-gelb nicht zu
meinen Favoriten gehört. Zu Spielbeginn war das Stadion zu etwa 50 % gefüllt,
wobei sich zwei Fanlager gebildet hatten. Die größere Gruppe sangesfreudiger
Kolumbianer, die sich hinter einem Tor versammelt hatte, erzeugte mit Trommeln
und Trompeten eine typisch südamerikanische Stimmung, wir aber auch weit weg
davon waren, eine Gänsehaut zu bekommen. Auf der anderen Seite des Stadions
trommelte und musizierte eine kleinere Barra, die weitgehend bis gänzlich auf
Gesang verzichtet und stattdessen mit steigender Spielzeit für europäische
Ohren leicht nervig Trommeln und Blasinstrumente bedient und dabei wild an den
gespannten Bändern herumspringt, was wiederum geil war.
Spielerisch
war es gar nicht schlecht und mit 3:1 auch einigermaßen torreich, wodurch
Cartagena nun an einer Vierer-Relegation teilnehmen kann und vielleicht bald
Erstligist wird. Zufrieden brachte uns das Uber-Taxi nach Spielschluss zurück
ins Zentrum, wo der Tag mit ein paar Bier ausklang.
Fazit:
Kolumbien ist absolut fantastisch und als Reiseland uneingeschränkt zu
empfehlen. Ich, bzw. wir, könnten jedenfalls direkt wieder in den Flieger
steigen, insbesondere angesichts des nahenden deutschen Winters.
Es folgen nur Fußballbilder – ein paar Impressionen aus Kolumbien finden sich auf meinem Instagram-Account!