Foggia Calcio  - US Avellino  1:0

08.02.2025

Stadio Pino Zaccheria

Serie C, Girone C

Zuschauer: 5.080 (ca. 20 Gäste)

 

Ein Hoch auf die Ryanair-Verbindung Weeze-Bari-Weeze. Und zwar geht der Bomber mit der Harfe am Freitagabend um 17:30 gen Apulien und am Sonntagabend um 20:10 Uhr zurück.

Genau richtig, um das Wochenende statt im bibberkalten Nordwesten der Bundesrepublik in der durchaus vorfrühlingshaften Sonne Südostitaliens zu verbringen.

Der etwa zweistündige Flug war entspannt, so hatte ich doch eine ganze Dreierreihe für mich, während gefühlt alle anderen Passagiere eng Seite an Seite saßen. Ehre wem Ehre gebührt!

Nach der pünktlichen Landung waren dann die restlichen Tagesordnungspunkte sehr überschaubar, denn es stand eigentlich nur an, die airportnahe Pension zu beziehen und sich dort mental auf den kommenden Samstag vorzubereiten.

Gute Nacht, Ragazzi.

Am nächsten Morgen war ich früh auf den Beinen und schlenderte zunächst etwas durch das Centro Storico Baris.

Hier war ich im April 2023 zwar erst, aber die Gegend am Wasser geht ja immer, zudem war das Wetter angenehm freundlich und mit etwa 14 Grad eine wahre Wohltat.

Einen Espresso (ja, tatsächlich!) in der einen, ein mit scharfer Salami und Käse belegtes Panini in der anderen und auf einer Bank sitzend aufs Meer glotzen. Das ist Leben, Leute!

Mehr braucht es nicht!

Noch etwas durch die engen Gassen der Altstadt geschlendert, ehe es gegen Mittag die gute Stunde per Bahn nach Foggia ging.

Die Stadt mit ihren knapp 150.000 Einwohnern kommt um die Mittagszeit an diesem Samstag recht verschlafen her. Die Straßen sind schwach frequentiert und diejenigen, die unterwegs sind, würde man tendenziell zu einem nicht geringen Prozentsatz in die Kategorie „Lungerer“ sortieren.

Nach Bezug der Unterkunft stand hier die Mission „Kartenbeschaffung“ an.

Ich hätte mir das Ticket zwar einfach online via Vivaticket kaufen können, wollte aber ein Hardticket für die heimische Sammelmappe. Schließlich sind die Zeiten angesichts QR-Codes und E-Tickets keine einfachen für jeden Fußballnostalgiker und da nimmt man mit, was „hardtickettechnisch“ noch möglich ist.  

Zumal hatte ich noch reichlich Zeit bis zum Anstoß um 17:30 Uhr. Also mal los.

Foggia Calcio veröffentlicht über seine Facebookpräsenz die Verkaufspunkte, wobei dies innerhalb der eigenen Stadt italientypisch zumeist Tabakshops, Spielhallen und Wettbüros sind.

Im ersten Shop tippte die dort arbeitende Frau nach Schilderung meiner Kaufabsicht irgendwas in ihren Laptop, um mir dann mitzuteilen, dass sie keine Tickets verkaufen.

Sie schickte mich aber zu einer anderen Bar in der Nähe des Bahnhofes, also in die Richtung, aus der ich eigentlich kam.

Hier herrschte dann völlige Verwirrung, denn anstatt mir eine Karte für das Fußballspiel zwischen Foggia und Avellino zu verkaufen, wollte die Frau hier mir ein Busticket (!) für die Strecke Foggia-Avellino verkaufen!

Ich glaube am Ende wusste sie gar nicht, dass in ihrer Stadt ein Fußballklub namens Foggia Calcio besteht, geschweige denn, dass hier heute Abend ein Drittligaspiel stattfindet.

Hilfe!

Also weiter mit meiner Odyssee im Name der Karte! Nächster Stopp: Irgendein Wettshop, in dem neben unzähligen Automaten auch einige Member der Sektion Spielsucht rumhingen und irgendein „Aufseher“ von mir mit leichtem Klopfen an die Scheibe aus seiner Youporn-Dauerschleife hochgeschreckt  wurde.

Auch hier gab es (natürlich) keine Karten, aber der junge Mann war zumindest so kompetent mir zu sagen, wo endlich meinem Anliegen zufriedenstellend nachgekommen werden soll.

Und jetzt für alle: Der Shop heißt „SNAI“, befindet sich in unmittelbarere Nähe zum Stadion und ist offizieller Viva-ticket-Händler, sodass nach Zahlung von 21 Talern ein Ticket für die Osttribüne in meine Hände wanderte.

Na geht doch. Im Anschluss wurden noch ca. 1 Stündchen die Beine im Hotelzimmer hochgelegt, ehe es wieder zum Stadion ging.

Stadio Pino Zaccheria - du geiles Teil. Es (benannt nach einem berühmten Basketballspieler der Stadt, der im Zweiten Weltkrieg gefallen ist) schießt unmittelbar in meine Top10 der schönsten Stadien, wenn nicht sogar in die Top5. Großartig ausschweifende Beschreibungen spare ich mir und lasse einfach mal weiter unten die Bilder sprechen. Alleine von außen betrachtet kribbelt es merklich in den Händen und Füßen eines jeden Stadiontouristen. Das Stadion schmiegt sich von drei Seiten so eng an die Wohnbebauung, dass es möglich ist, von der Tribüne an die nächste Hauswand zu spucken (natürlich nur rein theoretisch). Die Gegengerade ist so herrlich steil, kommst du dort auf der Treppe zu Fall, so stürzt du unweigerlich bis ganz nach unten, denn ein Geländer gibt es schlichtweg nicht. So wenig wie es Komfort überhaupt hier gibt, denn es gammelt alles so herrlich italienisch vor sich hin und bietet dadurch Authentizität pur.

Die beiden Hintertortribünen erhalten durch die kleinen Unterränge etwas absolut Individuelles und alleine die Schriftzüge oberhalb der Curva Sud und Nord sind so fantastisch, dass all das die ganze Hütte nahezu perfekt macht. Zwar sind dreiviertel aller Zusehenden den Wetterkapriolen weitgehend ungeschützt ausgesetzt, sodass es sicherlich Schöneres geben mag, als im November bei Regen und Wind hier ein Fußballspiel zu schauen. Aber heute ist das Wetter gut, sodass ich befreit und entspannt dem Treiben auf den Rängen folgen kann.

Die heimische Fanszene, welche einigen Stickern zufolge offenbar schwer nachvollziehbare politische Ansichten hegt, teilt sich wie bereits angedeutet auf die jeweiligen Hintertortribünen auf.

Während heute in der Curva Nord weitgehend auf Tifomaterial verzichtet wird und der nahezu komplett schwarz gekleidete Mob den Schwerpunkt auf Akustik legt, so finden sich in der Curva Sud mehrere Schwenker, Doppelhalter und sonstiges Material.

Nahezu 90 Minuten wird auf beiden Seiten gesungen, melodisch, klar; oft unabhängig voneinander, beinahe nie gemeinsam. Ich befinde mich näher an der Nordkurve (die eigentlich gar keine Kurve, sondern eher eine Gerade ist) und ertappe mich das ein oder andere Mal, wie mein Bein melodisch im Takt mit wippt, die Schönheit des Moments nur hin und wieder unterbrochen von bestialisch lauten Böllern, die drei, vier Mal auf den Platz landen. Den Sinn dahinter verstehe ich nach wie vor nicht, zumal auch hier ausschließlich die Curva Nord „Fan“ dieses Elements zu sein scheint und einmal so ein Ding nur wenige Meter vom eigenen Torwart entfernt detoniert.

Nein, man muss es nicht verstehen, selbst mit dem Wissen, dass innerhalb der Fanszene einiges rumort.

Hintergrund ist der, dass im Oktober 2024 drei junge Ultras Foggias auf dem Heimweg vom Auswärtsspiel in Potenza tödlich verunglückten, ein vierter starb etwas später an den Unfallfolgen.

Die Narben sind längst nicht verheilt und so prangt einzig eine Fahne mit den vier Namen der Verstorbenen vorne am Geländer am Vorsängerpodest der Curva Nord, ebenso gedenkt der einzige Schwenker den Opfern, von denen jeder hier Anwesende wohl irgendwie jeden zumindest gekannt haben dürfte.

Mega Gänsehautmoment als zwei Spieler des grundsätzlich durchaus unbeliebten Teams aus Avellino vor Anpfiff an den Zaun treten und dort Blumen ablegen, begleitet vom Applaus aller gut 5.000 Anwesenden.

Die Anti-Haltung der Ultras gegenüber Präsident Nicola Canonico ist da schon eher eine Randnotiz, wenngleich weitere „Baustelle“ der hiesigen Ultra-Szene. 

Reichlich was los hier also, trotz dessen, dass Gästefans nicht anreisen durften und der Settore Ospiti somit bis auf wenige Normalo-Avellino-Anhänger aus der Umgebung leer blieb und so war es wieder eines der Spiele, bei dem das auf dem Rasen dargebotene Drittligagebolze eher eine Nebenrolle hatte, ich stattdessen eher dem Treiben auf den Rängen beiwohnte und nach Abpfiff sehr zufrieden den kurzen Weg zurück ins Zentrum antrat, wo der Abend bei einer Pizza und einigen wenigen Birra irgendwann ein Ende fand.