Letzter voller Tag, wie schnell zehn Tage doch
verfliegen, wenn man sich wohlfühlt. Mit der Subte gings nochmal raus in den
Stadtteil Florida, wo es unweit des Zoos einen recht schönen Park gibt, in dem
man es sich bei allerfeinstem Sonnenschein bequem machte. Generell hat Buenos
Aires sehr viel Grün, hätte ich jetzt vorher auch nicht gedacht, also ein ganz
klarer weiterer Pluspunkt. Gegen Abend hieß es dann aber Fußball. Boca ruft zum
Auswärtsspiel und das wollte ich mir unbedingt noch geben. CA Huracan gehört
eher zu den kleineren Nummern in der Cuidad Buenos Aires und hat seine Cancha
in einer eher mittelprächtigen Gegend stehen. Meiner Einschätzung nicht
gefährlich aber bisschen Augen auf ist immer angesagt. Von San Telmo vielleicht
zehn Minuten mit dem Taxi und der Fahrer lässt uns am ersten Absperrgitter
raus. Ein Bus mit Boca-Leuten, die singend aus den Fenstern hängen, biegt
soeben vor uns ab. Der Gästebereich aber großräumig abgesperrt, also direkt mal
drei Tickets zu zweimal 100 Peso und für meine Freundin gab es zehn Prozent
Frauenermäßigung. Nett sind sie hier bei Huracan.
Nett auch unser Platz natürlich mal wieder auf der
Platea mit Sicht auf beide Blöcke. Gewöhnungsbedürftig allerdings die
Sitzgelegenheiten: Aus Ton gebrannte Sitze; gar nicht mal so unbequem wie sie
aussehen aber im Winter wird’s sicherlich schön kühl am Po. Allgemein ist der
Ground auch hier ein schicker Vertreter seiner Art, da er sich auch ein wenig
vom typischen Stadion abhebt. Zumindest entsteht der Eindruck, dass die Ränge
zunächst flach ansteigen, um etwas weiter oben steiler zu werden.
Ich hatte tierisch Bock, Boca mal auswärts zu sehen
und vor allem quantitativ boten sie schonmal einen netten Eindruck, denn mit
ca. 5.000-6.000 Gelbblauen füllte man den Gästebereich hinterm Tor ordentlich
aus. Nun gut, Anfahrt dürfte nicht weiter als ein paar Häuserblocks gewesen
sein, aber trotzdem oder auch gerade deswegen sehr cool. Die Hinchas von
Huracan versammeln sich gegenüberliegend, natürlich auch mit den typischen
Bändern etc. Wie erwartet nix Besonderes, da eher eine kleine Szene aber
dennoch wurde es so einige Male recht laut. Boca machte trotzdem das Spiel zu
einem Heimspiel, denn La Doce und Co. waren noch lauter. Ohrwurmtaugliche
Gesänge mit Melodien, die in unseren Gefilden gottlob noch keinen Einzug
gefunden haben. Da sollte man einfach Respekt vor der so einmaligen
argentinischen Fankultur zeigen und es tunlichst unterlassen, vor lauter
Einfallslosigkeit hier Melodien zu klauen.
Auch spielerisch wars ne klare Angelegenheit. Boca
spielte im Vergleich zu den bislang gesehenen Kicks einen halbwegs passablen
Fußball und so einen ungefährdete 3:0 Sieg heraus. Nach dem Spiel wieder
Blocksperre, die sich bei so vielen Awayfans natürlich hinzog. Dennoch war es
jedes Mal faszinierend zu sehen, wie schnell aber auch gesittet die
Auswärtsfans den Gästeblock räumen und in Nullkommanix verschwunden sind. Hier
hat es gestoppte 20 Minuten gedauert, ehe knapp 6.000 Leute aus dem Stadion und
aus dem Viertel waren. Total krass. 20 Minuten und kein Gelbblauer mehr zu
sehen. Man hätte echt denken können, ein Loch habe sich aufgetan und alles
verschluckt….
Generell kann man abschließend sagen, dass wir bei
allen Spielen nicht mal ansatzweise Randale gesehen haben. Sicherlich kann es
auch ganz anders kommen bei der Emotionalität, die hier bei jedem Spiel
mitschwingt aber wenn in den (deutschen) Medien mal wieder von einem Todesopfer
im argentinischen Fußball zu lesen ist, so ist auch dies entsprechend zu sehen.
Kein Geheimnis ist es sicherlich, dass die führende Köpfe der Barra Bravas ihr
Geld nicht immer ganz legal verdienen, sondern oftmals auch mit Drogen,
Tickets, Waffen usw. Dieser Markt ist hart umkämpft und so wird es auch entsprechend
ausgetragen. So kommt es dann leider auch hin und wieder zu Todesopfern, die
halt im Umfeld des Fußballs stehen, aber eben nicht im direkten Zusammenhang
mit diesem.
Wie dem auch sei, knappe 15 Minuten später durften
auch wir gehen und Eile war geboten. Der für 21 Uhr reservierte Tisch im
unserem Stammrestaurant würde sicherlich nicht ewig freigehalten. Als nach
einigen Minuten kein Taxi zu bekommen war, war der Jan nun plötzlich von Sinnen
und beschloss mit der Subte zu fahren, in der Meinung hier komme kein Taxi
mehr. Wir lehnten ab und kaum war er unter Tage verschwunden, fuhr natürlich
ein Taxi vor. „Al Defensa, San Telmo, por favor. Und das ganze ziemlich zügig!“
So kamen wir wenigstens in den Genuss, auch einmal das Rotlichtviertel der
Stadt zu begutachten, denn der Fahrer fuhr direkt hindurch. Paar Straßenecken
noch und direkt vor dem kulinarischen Freudenhaus aus dem Taxi gesprungen.
Punkt 21 Uhr, Bingo!
Der Jan? Ja, wo bleibt er denn? 21.15, kein Jan.
Auch um 21.30 und 21.45 bleibt der dritte Platz verwaist und der Kellner denkt
sicher, wir gehören zu den Assis, die immer Vierertische reservieren, um dann
zu sagen, dass ganz urplötzlich zwei Leute abgesagt haben, um sich dann zu
zweit am Vierer breit zu machen. Nein, so unmoralisch sind wir nicht. Unser
Freund irrt nur noch seit einer Stunde mit der Subte durch Buenos Aires`
Underground.
22.00 Uhr, da ist er ja!!
Das Essen war wieder einmal göttlich, das ist
sicherlich eines der vielen kleinen Dinge, die ich zuhause vermissen werde. So
etwas gibt es ja hier kaum und wenn, legt man nen Fuffi auf den Tisch, wo man
hier vielleicht maximal bei Zwanzig ist. Der Kellner fand uns wohl auch
ziemlich cool, schenkte sogar noch Wein for free nach und verabschiedete uns
per Handschlag.
Tja, das war also unser letzter Abend in dieser
tollen Stadt. Ein bisschen Wehmut schwang mit am nächsten Tag, aber natürlich
auch Freude auf Zuhause. Der Flug zurück nach Rom am Mittag war nochmal recht
nervig, da man erstens aufgrund von Zeitumstellung usw. nicht eine Sekunde
Schlaf fand und zweitens Teile der restlichen Passagiere doch etwas
„schwächlich“ daher kamen. Gehörten wohl alle einer Reisegruppe an (der Jan
tippte auf Pilger) und ständig turnte einer oder mehrere gleichzeitig im Gang
umher, vermutlich aus Angst, Thrombose zu kriegen. Mitten in der Nacht laberte
den Jan dann noch ein seltsamer Kauz an. „I`m from Tel Aviv. Visit my land, visit my land!“ Ja,
ja schon gut. Besorg uns mal Karten fürs Derby und wir können drüber sprechen.
Hier und da hatte dann immer mal wieder einer mit Kreislaufproblemen zu kämpfen
und musste die Beine hochlegen. So waren also immer mal wieder zwei Schuhe hoch
zwischen den Sitzen zu sehen. Lustiges Bild!
In Rom hieß es bis zum Anschlussflug –
mittlerweile gut im Arsch - nochmals sechs Stunden rumzukriegen, was aber auch
irgendwie klappte. In Amsterdam stand der Stevo schon bereit, uns die letzten
zwei Stunden pünktlich zu Schalke-ManU nach Hause zu fahren.
Fazit: Top Tour, Horizont um Längen erweitert.
Don`t cry for me
Argentina,
denn wir sehen uns sicher nochmal wieder!