CA Huracan  - CA Boca Juniors  0:3

24.04.2011

Estadio Tomas Adolfo Duco (El Palacio)

Torneo Clausura

Zuschauer: 22.000 (ca. 5.500)



Letzter voller Tag, wie schnell zehn Tage doch verfliegen, wenn man sich wohlfühlt. Mit der Subte gings nochmal raus in den Stadtteil Florida, wo es unweit des Zoos einen recht schönen Park gibt, in dem man es sich bei allerfeinstem Sonnenschein bequem machte. Generell hat Buenos Aires sehr viel Grün, hätte ich jetzt vorher auch nicht gedacht, also ein ganz klarer weiterer Pluspunkt. Gegen Abend hieß es dann aber Fußball. Boca ruft zum Auswärtsspiel und das wollte ich mir unbedingt noch geben. CA Huracan gehört eher zu den kleineren Nummern in der Cuidad Buenos Aires und hat seine Cancha in einer eher mittelprächtigen Gegend stehen. Meiner Einschätzung nicht gefährlich aber bisschen Augen auf ist immer angesagt. Von San Telmo vielleicht zehn Minuten mit dem Taxi und der Fahrer lässt uns am ersten Absperrgitter raus. Ein Bus mit Boca-Leuten, die singend aus den Fenstern hängen, biegt soeben vor uns ab. Der Gästebereich aber großräumig abgesperrt, also direkt mal drei Tickets zu zweimal 100 Peso und für meine Freundin gab es zehn Prozent Frauenermäßigung. Nett sind sie hier bei Huracan.

Nett auch unser Platz natürlich mal wieder auf der Platea mit Sicht auf beide Blöcke. Gewöhnungsbedürftig allerdings die Sitzgelegenheiten: Aus Ton gebrannte Sitze; gar nicht mal so unbequem wie sie aussehen aber im Winter wird’s sicherlich schön kühl am Po. Allgemein ist der Ground auch hier ein schicker Vertreter seiner Art, da er sich auch ein wenig vom typischen Stadion abhebt. Zumindest entsteht der Eindruck, dass die Ränge zunächst flach ansteigen, um etwas weiter oben steiler zu werden.

Ich hatte tierisch Bock, Boca mal auswärts zu sehen und vor allem quantitativ boten sie schonmal einen netten Eindruck, denn mit ca. 5.000-6.000 Gelbblauen füllte man den Gästebereich hinterm Tor ordentlich aus. Nun gut, Anfahrt dürfte nicht weiter als ein paar Häuserblocks gewesen sein, aber trotzdem oder auch gerade deswegen sehr cool. Die Hinchas von Huracan versammeln sich gegenüberliegend, natürlich auch mit den typischen Bändern etc. Wie erwartet nix Besonderes, da eher eine kleine Szene aber dennoch wurde es so einige Male recht laut. Boca machte trotzdem das Spiel zu einem Heimspiel, denn La Doce und Co. waren noch lauter. Ohrwurmtaugliche Gesänge mit Melodien, die in unseren Gefilden gottlob noch keinen Einzug gefunden haben. Da sollte man einfach Respekt vor der so einmaligen argentinischen Fankultur zeigen und es tunlichst unterlassen, vor lauter Einfallslosigkeit hier Melodien zu klauen.

Auch spielerisch wars ne klare Angelegenheit. Boca spielte im Vergleich zu den bislang gesehenen Kicks einen halbwegs passablen Fußball und so einen ungefährdete 3:0 Sieg heraus. Nach dem Spiel wieder Blocksperre, die sich bei so vielen Awayfans natürlich hinzog. Dennoch war es jedes Mal faszinierend zu sehen, wie schnell aber auch gesittet die Auswärtsfans den Gästeblock räumen und in Nullkommanix verschwunden sind. Hier hat es gestoppte 20 Minuten gedauert, ehe knapp 6.000 Leute aus dem Stadion und aus dem Viertel waren. Total krass. 20 Minuten und kein Gelbblauer mehr zu sehen. Man hätte echt denken können, ein Loch habe sich aufgetan und alles verschluckt….

Generell kann man abschließend sagen, dass wir bei allen Spielen nicht mal ansatzweise Randale gesehen haben. Sicherlich kann es auch ganz anders kommen bei der Emotionalität, die hier bei jedem Spiel mitschwingt aber wenn in den (deutschen) Medien mal wieder von einem Todesopfer im argentinischen Fußball zu lesen ist, so ist auch dies entsprechend zu sehen. Kein Geheimnis ist es sicherlich, dass die führende Köpfe der Barra Bravas ihr Geld nicht immer ganz legal verdienen, sondern oftmals auch mit Drogen, Tickets, Waffen usw. Dieser Markt ist hart umkämpft und so wird es auch entsprechend ausgetragen. So kommt es dann leider auch hin und wieder zu Todesopfern, die halt im Umfeld des Fußballs stehen, aber eben nicht im direkten Zusammenhang mit diesem.

Wie dem auch sei, knappe 15 Minuten später durften auch wir gehen und Eile war geboten. Der für 21 Uhr reservierte Tisch im unserem Stammrestaurant würde sicherlich nicht ewig freigehalten. Als nach einigen Minuten kein Taxi zu bekommen war, war der Jan nun plötzlich von Sinnen und beschloss mit der Subte zu fahren, in der Meinung hier komme kein Taxi mehr. Wir lehnten ab und kaum war er unter Tage verschwunden, fuhr natürlich ein Taxi vor. „Al Defensa, San Telmo, por favor. Und das ganze ziemlich zügig!“ So kamen wir wenigstens in den Genuss, auch einmal das Rotlichtviertel der Stadt zu begutachten, denn der Fahrer fuhr direkt hindurch. Paar Straßenecken noch und direkt vor dem kulinarischen Freudenhaus aus dem Taxi gesprungen. Punkt 21 Uhr, Bingo!

Der Jan? Ja, wo bleibt er denn? 21.15, kein Jan. Auch um 21.30 und 21.45 bleibt der dritte Platz verwaist und der Kellner denkt sicher, wir gehören zu den Assis, die immer Vierertische reservieren, um dann zu sagen, dass ganz urplötzlich zwei Leute abgesagt haben, um sich dann zu zweit am Vierer breit zu machen. Nein, so unmoralisch sind wir nicht. Unser Freund irrt nur noch seit einer Stunde mit der Subte durch Buenos Aires` Underground.

22.00 Uhr, da ist er ja!!

Das Essen war wieder einmal göttlich, das ist sicherlich eines der vielen kleinen Dinge, die ich zuhause vermissen werde. So etwas gibt es ja hier kaum und wenn, legt man nen Fuffi auf den Tisch, wo man hier vielleicht maximal bei Zwanzig ist. Der Kellner fand uns wohl auch ziemlich cool, schenkte sogar noch Wein for free nach und verabschiedete uns per Handschlag.

Tja, das war also unser letzter Abend in dieser tollen Stadt. Ein bisschen Wehmut schwang mit am nächsten Tag, aber natürlich auch Freude auf Zuhause. Der Flug zurück nach Rom am Mittag war nochmal recht nervig, da man erstens aufgrund von Zeitumstellung usw. nicht eine Sekunde Schlaf fand und zweitens Teile der restlichen Passagiere doch etwas „schwächlich“ daher kamen. Gehörten wohl alle einer Reisegruppe an (der Jan tippte auf Pilger) und ständig turnte einer oder mehrere gleichzeitig im Gang umher, vermutlich aus Angst, Thrombose zu kriegen. Mitten in der Nacht laberte den Jan dann noch ein seltsamer Kauz an. „I`m from Tel Aviv. Visit my land, visit my land!“ Ja, ja schon gut. Besorg uns mal Karten fürs Derby und wir können drüber sprechen. Hier und da hatte dann immer mal wieder einer mit Kreislaufproblemen zu kämpfen und musste die Beine hochlegen. So waren also immer mal wieder zwei Schuhe hoch zwischen den Sitzen zu sehen. Lustiges Bild!

In Rom hieß es bis zum Anschlussflug – mittlerweile gut im Arsch - nochmals sechs Stunden rumzukriegen, was aber auch irgendwie klappte. In Amsterdam stand der Stevo schon bereit, uns die letzten zwei Stunden pünktlich zu Schalke-ManU nach Hause zu fahren.

Fazit: Top Tour, Horizont um Längen erweitert.

Don`t cry for me Argentina,

denn wir sehen uns sicher nochmal wieder!