FSV Kali Werra Tiefenort – SV Wacker 04 Bad Salzungen
II
0:3
31.05.2024
Waldstadion im Kaffeetälchen
Kreisliga Thüringen Staffel 2
Zuschauer: 180
Verrückte Dinge
passieren. Ein Verein, der bei meinem Besuch dort noch anders hieß als zwei
Wochen später beim Erscheinen dieses Berichtes….. Aber dazu im Folgenden
mehr…..
Es gibt ja so
Orte, die haben innerhalb der Spezies der Stadionsammler ungefähr den Status
der Blauen Mauritius bei Briefmarkensammlern und den der Stadt Mekka bei
Muslimen.
Das San Siro in
Mailand, das Estadio Bernabeu in Madrid, das Aztekenstadion in Mexiko, das
Maracana in Rio, die Bombonera in Buenos Aires und das Stadion im Kaffeetälchen
im thüringischen Örtchen Tiefenort. Zugegeben fallen die vorab Genannten etwas
heraus, wenn es um Größe, Architektur und die darin erzielten Erfolge geht,
dennoch ist das Stadion im Kaffeetälchen ohne Frage ein Pflichtground in der
Sammlung eines jeden Stadionverrückten.
Bereits im
Sommer des Jahres 2021 übte ich mich zusammen mit meiner Frau darin, den Ground
endlich abzuhaken und scheiterte kläglich.
Es war ein Freundschaftsspiel,
welches die erste Herrenmannschaft hier austrug und wir aalten uns auf den
sonnenbeglückten maroden Steinstufen dieses wunderschönen Stadions. Ich
krabbelte wie ein völliger Nerd zwischenzeitlich durchs wuchernde Unkraut, um
ein paar schöne Bilder zu machen, da durchbrach ein markerschütternden Schrei
die Idylle. Ein Spieler Kali Werras hatte sich ohne Fremdeinwirkung so schwer
verletzt, dass das Brechen des Knochens überall zu hören war. Nach ewig langer
Verletzungspause und noch längerem Warten auf den RTW hatte dann keiner mehr so
wirklich Bock auf unbeschwerten Testkick und der Schiri brach den ganzen Bumms
hier nach exakt 33 Minuten ab.
Deutlich zu
früh, um das Stadion in irgendeiner Form als gemacht zu betrachten; so ehrlich
muss man schon zu sich selbst sein. Der Stachel saß tief, aber irgendwann
sollte man zurückkehren.
Ja und dieses
„irgendwann“ war heute ziemlich genau 3 Jahre später. In der selben Besetzung
wie 2021 war das Duo heiß darauf, den Ground endlich wegzuscheppern und wahre Euphorie
kam auf, als man die letzten Meter auf der waldgesäumten Zufahrtsstraße zum
Stadion zurücklegte, an deren Ende dann auf einer Art Lichtung das Stadion
steht.
Kurz nachdem
der Wagen geparkt war, wurde man ob unseres auswärtigen Kennzeichens auch schon
angelungert. Das ist ja im Osten nicht unbedingt etwas, was Freude und
Glückseligkeit mit sich bringt, hier allerdings tatsächlich.
Man freute
sich, dass wir den „weiten Weg“ hierher angetreten sind und hieß uns herzlich
willkommen. Obwohl man vermutlich Woche für Woche Besuch von Auswärtigen hat,
war die Freude authentisch. Ebenso wie das ganze Drumherum hier. Schnell spürt
man, dass das Vereinsleben hier wichtig und sehr intakt ist. Mit insgesamt 17
Mannschaften hat der Verein sicherlich auf vielen Ebenen eine wichtige Rolle im
kleinen Ortsteil der Stadt Bad Salzungen und ist für viele zentraler
Bestandteil des Lebens; zumindest wirkt es so.
Eigentlich auch
gar nicht verwunderlich, denn der Club verfügt durchaus über Tradition. Die
ehemalige Betriebssportgemeinschaft spielte zwanzig Jahre lang in der
zweithöchsten Spielklasse der DDR, an guten Tagen kamen über 8.000 ins
Kaffeetälchen, an normalen zwischen 2.000 und 3.000. Heute ist der Verein nicht
zuletzt im Zuge des Niedergangs der Kali-Industrie in der 9. Liga angekommen
und bangt eher um den Klassenerhalt, statt realistische Ambitionen auf höhere
Ligen zu haben, wenngleich man in der ganz netten vereinseigenen Hymne
prophezeit, irgendwann wieder gegen die großen Namen aus dem Osten zu spielen.
Ich würde es
dem Club gönnen, allein fehlt mir der Glaube. Letztlich ist es auch egal, Hauptsache
der Verein behält seine ganz eigene Charakteristik, die mir so gefällt und die
mich so ein kleines bisschen zu einem Fan werden ließ.
Ich kann mir
sehr, sehr gut vorstellen, hier auch in Zukunft noch einmal vorbei zu schauen.
Das Rhön-Pils aus 0,5 Flaschen für 2 Euro, die leckere Thüringer vom
Holzkohlegrill, der seinen Geruch übers ganze Areal verteilt, die wuchtigen
Stufen der Tribüne, die auf Gesäß-Größe ausgeschnittenen Teppichfetzen, die als
Sitzpolster dienen, die netten Menschen und die wunderschöne Lage des Stadions.
All diese Dinge ergeben ein ziemlich perfektes Bild eines Fußballabends im
Frühsommer.
Und während ich
diesen feinen Bericht hier in die Tasten haue, flattert die Meldung rein, dass
der Verein mit sofortiger Wirkung lt. Mitgliederbeschluss wieder BSG Kali Werra
Tiefenort (e. V) heißt und damit zu den Wurzeln zurückkehrt. Dabei stehen die drei
Buchstaben nun für Breitensportgemeinschaft, oder eben auch für Bad Salzungens
Größter Sportverein, wie man nicht ohne Augenzwinkern stolz auf den
Social-Media-Seiten des Vereins verkündet.
PS: Filmische Einblicke liefert dieser kleine (KIA-Werbe) Clip mit dem aus Meppen stammenden 11-Freunde-Redakteur.