S.S. Lazio - A.S. Roma 3:1
06.01.2005
Stadio Olimpico
Seria A
Zuschauer: 55.000

 

Mit dem Besuch dieser Partie sollte ein von mir lang gehegter Wunsch nun endlich in Erfüllung gehen, so ist das Römer Derby doch zumindest aus fantechnischer Sicht gesehen eines der lohnenswertesten in Europa, wenn nicht sogar in der Welt.
Den Flug Köln/Bonn- Rom/Fiumicino hatten wir schon im September 2004 gebucht und da zu diesem Zeitpunkt noch nicht völlig klar war, ob das Derby nun am 05.01.oder am 06.01.2005 stattfinden würde, reiste man vorsichtshalber bereits am Mittwoch an (Spiel war natürlich erst am Donnerstag)!
Aber alles der Reihe nach: Morgens gegen 8 Uhr holte mich der Groundboy von zuhause ab und nachdem wir auch den Jan eingesammelt hatten, konnte die 3köpfige Reisegruppe den Weg gen Flughafen antreten. Dieser verlief auch recht ereignislos, der Jan wollte nicht so recht mit der Sprache heraus, was am Vorabend noch so los war und somit gabs auch wenig interessantes zu erzählen.
Am Airport recht zeitig angekommen (so eine Hetze wie vor dem Flug nach Budapest brauchte ich kein zweites Mal) und nach einiger Zeit konnte man auch den Flug Richtung ewige Stadt antreten.
Hier angekommen, ließen wir uns flink per Bus zum Termini transferieren und waren hier doch sehr erstaunt über die abertausende von Vögeln, die hier am Himmel kreisten und dem Jan sogleich auf seine Jacke schissen. Welcome to Rome!!!!! J
Jetzt nur noch bis zur nahe am Stadion gelegenen Jugendherberge durchschlagen und das Tagesetappenziel war erreicht. Der Weg zur JH war jedoch durch planlosen, mitten in Rom aus dem Bus aussteigen und dumm in der Gegend rumlaufen, gekennzeichnet doch nach kurzzeitiger Verwirrungsphase konnten wir dennoch unser Asyl für die nächsten zwei Nächte finden.
Hab wahrlich schon saubere Herbergen bewohnt und 10 Mann Zimmer sind auch nicht immer lustig, aber für zwei Nächte wird es schon gehen.
Auch das Abendessen (war natürlich nicht im Preis mit inbegriffen und völlig überteuert) konnte da nicht so recht erfreuen, bestand es doch aus halbwarmen Matsch-Nudeln, einem steinharten Teigklumpen (Brötchen????) und einem halb verschimmelten Apfel.
Aber eigentlich auch egal, Hauptsache den Hunger gestillt schauten wir schon mal am Olimpico vorbei, bzw. latschten einmal drum herum. Hier sollte es also morgen Abend stattfinden, das Derby di Roma. Fein, fein!
Nun wurde noch ein wenig biertrinkenderweise durchs Stadtviertel geschlichen und später der Tag im Aufenthaltsraum der Herberge beendet.
Wenigstens gab es hier so etwas wie einen, na ja nennen wir es mal "Partyraum", also eigentlich war es ein einfacher Raum mit Tischen und Stühlen. War aber OK um das verhältnismäßig preisgünstige Starkbier dort zu vernichten.
Irgendwann überkam uns dann aber auch die Müdigkeit und wir suchten unser Nachtquartier auf. Tür auf, Licht an und herein gepoltert; alle Betten bis auf unsere und ein weiteres waren mit seltsamen Menschen belegt, die auch bis gerade eben wohl auch geschlafen hatten.
Unter mir im Hochbett ein Freak, der wohl seine gesamtes Reisegepäck in Plastiktüten mit sich führte und sich lediglich durch ein "please shut the window" mit uns in Kommunikation übte.
Orrr Junge, wollen doch nur ein wenig kühle Frischluft in diese vermiefte Kammer bringen!
Am nächsten Morgen berichtete uns der Groundboy von nächtlichem Frauenbesuch auf unserem Zimmer. Die Dame hatte sich wohl mit dem feurigen Mexikaner-Zimmerkollegen vergnügt und Groundboy konnte es beobachten, während Jan und ich tief schliefen und auch durch SMS und Anrufe nicht geweckt werden konnten. Ehrlich gesagt war ich auch nicht sonderlich erpicht darauf, einem etwa 20jährigem Mexikaner beim Liebesspiel mit einer allenfalls mittelmäßigen Gespielin zuzuschauen......
Gegen 9 Uhr ging es dann mit einem Japaner, der ebenfalls extra zu diesem Spiel aus seiner weiten Heimat angereist war, wieder zum Stadion, da hier ein Ticketschalter öffnen sollte. Hier auch schon etwa hundert weitere Leute anwesend aber als mit rund einer Stunde Verspätung der Schalter öffnete gab`s nur reservierte Tickets abzuholen. Merda!!!!!
Um 17 Uhr, so erzählte man uns, werde der freie Verkauf beginnen. Nunja, Schwarzmarkt gab es zu dieser Uhrzeit auch noch nicht wirklich und so cancelten wir den, für frühen Nachmittag geplanten, Kick beim Drittligisten aus Frosinone (Frosinone Calcio) und entschieden uns für Sightseeing in Rom.
In der italienischen Hauptstadt gibt es natürlich jede Menge schöner Dinge zu sehen und so wurde erst einmal das Alte Rom, bzw. Forum Romanun, Colloseum usw. angeschaut und ich muss sagen, dass ich selten so eine wunderschöne Stadt gesehen habe, wie diese.
Geschichte und Gegenwart perfekt miteinander vereint, das Frühlingswetter mit Sonne und etwa 20 Grad (wir haben Anfang Januar!!) tat sein übriges!
Gegen 16 Uhr dann aber wieder zurück zum Ticketschalter, wo auch schon reges Treiben herrschte. Neben vielen Italienern auch eine ganze Armada an deutschen Hoppern, sowie ihren "Kollegen" aus England und Japan. Man unterhielt sich mit diesem und jenen ganz nett, ehe nach einiger Zeit der Schalter öffnete und das Gedränge begann. Drei Karten für mich und meine beiden Kumpels, bitte!! Ähhhh, nein nur noch zwei, denn gerade als ich fürchtete von irgendwelchen Heinis die hinter mir drängelten zerquetscht zu werden, stürmten mehrere hundert Ultras der Roma die Eingangstore, was ein Mitglied unserer Reisegruppe nutzte um munter mit zu "stürmen", so gratis Eintritt zu erhalten (lediglich ein leichter Gummiknüppelhieb musste quasi als Schmerzensgeld gezahlt werden) und sich die weiteren Stunden in der Curva Sud aufzuhalten.
Wir anderen beiden dann aber artig die nicht wirklich günstigen Karten gekauft und noch ein wenig das Treiben vorm Stadion beobachtet.
Im nachhinein war es wohl nicht wirklich nötig, diese teuren Tickets zu kaufen, hätte man doch mit ziemlicher Sicherheit auf dem Schwarzmarkt günstiger zuschlagen können. Die Händler warfen mit den Billets nur so um sich aber na ja, beim nächsten Mal sind wir cooler.
Wir wollten uns wohl einfach ne Karte sichern, die Gewissheit haben, dass diese auch original ist und auf Kurve hatte ich gerade beim ersten Derbybesuch auch keinen Bock.
War aber schon kultig bereits vor dem eigentlichen Einlass von draußen die lauten Gesänge der Fangruppen aus dem Stadion zu hören.
Nach einigen Kaffee-Schnaps-Mixgetränken ging es dann aber auch für uns in die Sportstätte und mit großen Augen bestaunte ich die beiden, bereits zwei Stunden vor Kick Off, gefüllten Kurven. Das Stadion ist an sich ist nix besonderes, typisches Olympiastadion mit Aschebahn, kompletter Überdachung und Sitzschalen in blau-grünem Farbton. Eigentlich ganz OK!
Nun eierte man noch ein wenig durchs Stadion, machte Fotos und wartete auf den Anpfiff.
Im Übrigen sagten sich beide Fangruppen bereits zwei Stunden vor Anpfiff bis hin zum Abpfiff mit diversen Spruchbändern was sie so von einander halten.
Neben den üblichen Beleidigungen und Provokationen war ein gewisser Herr Paolo Di Canio, seines Zeichens Spieler bei Lazio und früher aktives Mitglied der Irriducibili, Hauptgegenstand des Spruchband-Battles.
Wie von den Lazio Anhängern vergöttert, so wird er von den Roma Anhängern gehasst und viele von ihnen sehen seine angebliche Vereinstreue zu Lazio als pure Heuchelei, so spielte Di Canio doch für einige Zeit in England und sogar beim verhassten Rivalen aus Neapel stand man unter Vertrag, folgte also zu oft dem Ruf des Geldes.
Dies alles war so ungefähr der Tenor der Spruchbänder. Roma legte vor, Lazio konterte und umgekehrt. Sehr beeindruckend, gingen hier doch mal so locker 50-60 Spruchbänder pro Kurve durch.
Kurz vor Anpfiff dann auf der Gegengeraden noch ein kurzer Austausch von Pyro und Böllern (höllisch laut und angeblich selber gebastelt) zwischen beiden Fanlagern via Luftpost, der jedoch von den Cops schnell durch Tränengas und Schlagstock beendet wurde.
So, nun konnte es auch losgehen. Endlich war es soweit. Anpfiff!! Die Südkurve erstrahlte in hellem Schein vieler Bengalos und einer Menge Rauch verschiedener Farben. Welch ein geiles Bild!!!
Ebenso die Nordkurve, wo silberne und blaue Glitzerfolien auf die Aschebahn geworfen wurden und ebenfalls eine ordentliche Dosis Rauch das Licht der Welt erblicken durfte.
Zwar auf beiden Seiten keine aufwendige Choreo aber auch so gut was fürs Auge.
Standesgemäß gab es nun auch sehr laute und abwechslungsreiche Gesänge zu hören, wobei ich einfach mal behaupte, dass leichte Vorteile auf Lazio Seite zu verzeichnen waren, welches in der 29. Minute auch in Führung ging. Torschütze in diesem überharten Spiel (11 gelbe Karten) war, na wer wohl? Genau, Paolo Di Canio. Eben jener macht auch keinen Hehl aus seiner faschistischen Gesinnung, so zeigte doch am folgenden Tag die bekannteste italienische Sportzeitung Di Canio mit ausgestrecktem rechten Arm vor der Lazio Kurve stehend auf der Titelseite. Was bei einen Großteil der Laziali Begeisterung hervorruft, ruft bei mir nur Kopfschütteln hervor. Wenn Dummheit weh tun würde........!
Die erste Halbzeit verging so auch wie im Flug, wobei das Spiel nicht so wirklich der Reißer war, ich jedoch meine Augen eh zu 80% auf den Rängen hatte. Schon geil was hier geboten wurde. Die Feuerwehr löschte hier und dort mal einen kleineren Brand und immer wieder wurde ich durch laute Kanonenschläge hoch geschreckt.
Zur zweiten Hälfte gab es dann von den AS-Ultras eine Blockfahne, welche einen Typen mit Streitaxt zeigte und das dazu gehörige Spruchband.
In der 61. Minute explodierte dann neben AS Oberschönling Totti einer dieser Megaböller und das Spiel musste unterbrochen werden. Konnte mir gut vorstellen, wie es da in seinen Ohren gepfiffen haben muss. Muss nicht sein sowas!
Cassano konnte in der 69.Minute ausgleichen, was wieder eine Pyroorgie zur Folge hatte, jedoch nicht viel nützte, da Cesar und Rocchi in der Schlussviertelstunde für Lazio alles klar machten.
Spätestens nach dem 3:1 war Gänsehaut garantiert als die gesamte Laziokurve eine Schalparade zeigte und megalaut die geile Vereinshymne sang! Geil!!!!!
Nach Abpfiff wurde dann natürlich in der Nordkurve und davor noch gut abgefeiert, wobei wir uns jedoch hinter die Südkurve begaben, wo wir auch unseren stürmenden Reisegefährten wieder trafen, der interessantes aus der Roma Kurve zu berichten wusste, in der ihn einige Ultras (Mitglieder der Gruppierung Boys) sehr gastfreundlich empfingen und ihm diverse Dinge erläuterten. Welch ein Punk!
Pünktlich begangen dann auch rund 150 AS Ultras, wütend über die unerwartete Niederlage, die Cops anzugreifen, indem sie alles was man werfen kann, den Ordnungshütern entgegen warfen. Diese agierten zunächst recht planlos, rannten wirr durch die Gegend, hüllten den gesamten Platz vor der Kurve in Tränengaswolken und konnten erst nach etwa 10 Minuten den Mob die Strasse hinuntertreiben, wo sich die Auseinandersetzungen allerdings noch eine Weile fortsetzten. Sehr schön!!
Wir zogen es allerdings nach einer Weile vor, mit brennenden Augen zurück zu unserem Quartier zu gehen, wo noch etwa 20 weitere Hopper anwesend waren, mit denen man sich noch etwas unterhielt, um kurz vor 24 Uhr noch einmal zum Stadion zurückzuschlendern und den gut verwüsteten Stadionvorplatz zu begutachten.....!
Der Rest dieses wunderschönen Tages wurde dann mit dem Trinken von allerlei Alkohol verbracht, bis irgendwann alle (auch die Herbergsangestellten!!) schön betrunken waren und wir in unsere Hochbetten sprangen. Hier konnte vor allem der Groundboy noch nicht so recht ans Schlafen denken (Zitat: "Boah, ich find alles lustig, keine Ahnung warum!!") und übte sich im lauten Wecken bzw. wach halten der weiteren Zimmergenossen, von denen einer starke Ähnlichkeit mit dem bekannten Meppener Pizzabäcker M. Demir hatte, ich persönlich aber nicht glaube, dass es tatsächlich war.
Am Freitag dann halb ausgeschlafen (der Mexikaner hatte erneut ne Alte bei sich im Bett, allerdings ne andere als in der Nacht zuvor) wieder ins Zentrum Rom, wo Sightseeing Part two anstehen sollte. Genauer gesagt schauten wir uns die Spanische Treppe (bei frühlingshaften Wetter tummelten sich hier viele Frauen der Kategorie 1A, also somit ein fantastischer Ort), den Vatikan, sowie später am Abend den Trevibrunnen an. Auch hier lässt es sich sehr gut aushalten aber Vorsicht vor den vielen Rosenverkäufern. Sie sind scheinheilig wie Füchse, flink wie Wiesel und werden aggressiv wie Pitbulls, wenn man versucht ihnen das Geschäft zu vermiesen (nicht wahr, Sören??).
Gegen 21 Uhr fand man sich dann wieder am Termini ein, wo es per Nachtzug in den Norden des Landes, genauer nach Mailand gehen sollte.
Wehmütig musste man aus dieser genialen Stadt Abschied nehmen, die mich aber sicherlich nicht zum letzten Mal gesehen hat.
Aber jetzt genug der Jammerei und auf den Zug gewartet............