PFK Levski Sofia – PFK CSKA Sofia 1:0
29.04.2012
Stadion Vasil Levski
A Profesionalna Futbolna Grupa
Zuschauer: ca. 25.000 (ca. 11.000)
Das Stadtderby in der
bulgarischen Hauptstadt frohlockte und mit der Ansetzung am 29.4. kam mir der
Spielplangestalter entgegen. Brückentag am 30.4., das passt. Der Jan war
ebenfalls interessiert und bei Wizzair schnell ein günstiger Flug für knapp 70
Taler gefunden. Abfahrt also sehr früh am Sonntagmorgen, der Nachbar torkelt
gerade besoffen aus dem Taxi. Sehr schön!!
Einige Zeit später dann
im vollen Flieger ab Dortmund hauptsächlich Bulgaren auf dem Weg in den
Heimaturlaub. Die erwartete Hopperschar fand sich hingegen nicht ein, lediglich
drei bis vier schnell als Fussballtourist identifizierte Jungs wurden erblickt.
Landung dann gute zwei Stunden später, die Taximafia, die einen sofort umlagerte,
direkt ignoriert und zum Stand von OK-Taxi. Dieses Unternehmen erhielt hier vor
einigen Jahren einen eigenen Schalter, gerade um nichtsahnende Touris vor der
Taximafia und ihren Abzockpreisen zu schützen. Man sagt dem Mann am Schalter
sein Ziel, er telefoniert kurz, kritzelt die Wagennummer auf nen Zettel und
draußen wartet auch schon der Fahrer.
Erstmal zum Hotel, das
wenige Gepäck ablegen. Bisschen schmuddelige Absteige aber für ein paar Stunden
Schlaf soll's reichen. Pennen am Airport muss dann auch nicht sein; sind ja
keine 20 mehr.
Dann weiter zum
Nationalstadion Vasil Levski (benannt nach einem bulgarischen Freiheitskämpfer
im 19. Jahrhundert), in welchem traditionell die Spiele der beiden größten
Hauptstadtclubs ausgetragen werden. Rund vier Stunden vor Anpfiff ist hier noch
nicht so ganz viel los, lediglich die Kamerateams montieren ihre Technik und
rund 20 Levski Ultras präsentieren dem Sicherheitsdienst ihre Blockfahne, die
später in der zweiten Hälfte zum Einsatz kommen sollte.
Anschließend wurden Karten gekauft - teuerste Kategorie für 15 Lewa ( 1 Lewa=
0,50 Euro) - und im angrenzenden Park bei Sonnenschein, 25 Grad und einem Bier
das Treiben beobachtet. Zu einem kurzen Abstecher in den Stadtkern, welcher in
knapp 15 Minuten Fußmarsch vom Stadion aus erreicht werden kann, reichte es
auch noch. Hier wurde noch gut und günstig gespeist, ehe man zum Stadion
zurückkehrte. Sämtliche Zufahrtwege hierher waren mittlerweile von kleineren
und größeren Polizeieinheiten abgesichert, die gesamte Stimmung rund ums
Stadion aber eher locker und entspannt. Teilweise liefen sogar rote und blaue
Anhänger nebeneinander her. Ansonsten weitgehende Absperrung beider Kurvenbereiche
voneinander. Den harten Kern beider Seiten wollte man wohl doch nicht unbedingt
aufeinander treffen lassen, waren doch schon ein paar „fiese Kunden“ dabei.
Da unsere Plätze im
CSKA-Bereich gelegen waren (nein, nicht in der Kurve; aber auch die beiden
Geraden waren je zur Hälfte Levski bzw. CSKA zugeteilt und nur durch einen
Pufferblock voneinander getrennt) schauten wir nach Einlass mal am Gästeeingang
(Levski hatte offiziell Heimrecht) vorbei. Alles sehr gesittet hier. Artig
anstehen am Absperrgitter, Fahnen ausbreiten usw. Einige offensichtlich stark
alkoholisierte Anhänger kamen weiterhin in den Genuss pusten zu dürfen und nach
Abgabe der Personalien das Spiel von draußen verfolgen zu müssen.
Allmählich dann aber
auch mal rein ins Stadion. Ostblocktypische Schüssel, weitgehend unüberdacht,
sieht man mal von einer der Geraden ab. Absolutes Highlight aber das Panorama,
was sich dem Betrachter hinter der Levskikurve auftut. Schneebedeckte
Gebirgszüge recken sich hinter einer bunten Kurve voller fanatischer Fans in
den Himmel. Ein utopisch geiles Bild, das alleine schon die Anreise wert ist.
Während sich beide Kurven mehr und mehr füllen, kurz etwas zur sportlichen Situation:
CSKA steht fünf Spieltage vor Saisonende als Meister schon mit großer
Wahrscheinlichkeit fest. Levski belegt mit satten 13 Punkten Rückstand nur den
4. Platz, benötigt aber noch jeden Punkt, um sich auf den zweiten oder dritten
Platz zu schieben, der die Teilnahme in der Europaleague bedeuten würde.
Zum Anpfiff sind beide Kurven gut gefüllt und die Blauen eröffnen das Derby mit
einem ,,Chaosintro": Luftballons, Papierschnipsel, Schwenker, bunter
Rauch. Für mich persönlich ein wahnsinnig geiler Anblick, man hätte meinen
können, man habe eine südamerikanische Kurve vor sich.
Nachdem das letzte Rauchtöpfchen vorerst erloschen ist, sind die Fans des
ehemaligen Militärvereins an der Reihe und bieten eine Papptafelchoreo, die in roten
Buchstaben auf weißem Grund die Buchstaben CSKA ergibt.
Zwar mit einigen
wenigen Lücken, aber dennoch gelungen. Im weiteren Verlauf dann
stimmungstechnisch hohes Niveau, da auch die Tribünenbesucher oftmals mitziehen
bzw. eingebunden werden. Eigentlich wird alles geboten, was zu einem Derby
dazugehört: Spruchbandbattle, weitere Choreos und immer wieder Pyro. An den Rändern
der jeweiligen Pufferblöcke wird zudem äußerst gestenreich gepöbelt und der ein
oder andere Gegenstand überwindet die Schwerkraft, ernsthafte Versuche
durchzubrechen bestehen aber auf beiden Seiten nicht.
Unser beider Einschätzung bezüglich der Rivalität beider Seiten trifft glaube
ich ganz gut zu. Man mag sich überhaupt nicht, doch der ganz abgrundtiefe Hass
wie z. B. in Krakau oder so besteht hier nicht, auch wenn die Roten kurz vor
Anpfiff noch einige Schals des Feindes den Flammen opfern und auch einige
Sitzschalen nicht verschont bleiben. Ansonsten blieb es heute jedoch recht
ruhig, obwohl auf beiden Seiten reichlich Potential vorhanden war. So endet das
spielerisch dürftige Stadtderby also irgendwann und beide Seiten haben irgendwo
irgendwie Grund zum Feiern. Im Levskibereich aufgrund des Derbysieges, im
CSKA-Bereich aufgrund der zu erwartenden Meisterschaft.
Will man ein Gesamtfazit ziehen, so muss man insgesamt von einem sehr starken
Derby sprechen, das den Vergleich zu so Topsachen wie zum Beispiel dem Belgradderby
nicht scheuen muss. Der Sieg geht neben dem auf dem Platz auch auf den Rängen
mit kleinem Vorsprung an Levski. Insgesamt wirkte man etwas reifer, in den
Aktionen etwas geschlossener und auch gesanglich etwas fetziger und knalliger. Aber
ist halt auch nur mein subjektiver Eindruck.
Nach einer kurzen Nacht schon um 6:00 Uhr wieder Heimflug, sodass man pünktlich
zum Tanz in den Mai wieder in heimischen Gefilden auftauchte.