SF Lotte – SV Meppen 0:0
30.07.2018
Stadion am
Lotter Kreuz
3. Liga
Zuschauer: 6.098
(ca. 3.000 Gäste)
Es war das
Auswärtsspiel in Chemnitz im vergangenen April, da fragte mich ein langjähriger
SVM-Gefährte, ob ich schon gesehen hätte, dass der Rahmenspielplan der 3. Liga
für die Saison 2018/2019 den Montag als festen Spieltag vorsehe.
Ich wusste
natürlich von nichts und traute meinen Augen kaum…
Auch seitens
der Vereinsoffiziellen wusste man offenbar nur so halb Bescheid, ehe nach und
nach klar wurde, dass dies kein schlechter Scherz war, sondern „Exklusivvermarkter“
Telekom mit der Aussicht auf Zusatzeinnahmen den Montag als festen Spieltag
unter Zustimmung der Drittligisten durchgedrückt hatte. Auf der anderen Seite dann aber auch so
ziemlich weiträumig am Fan vorbei.
Die
Offenbarung, dass „unser“ Auswärtsspiel bei den Sportfreunden aus Lotte dann
gleich das erste Montagsspiel der Drittligageschichte sein würde, wurde dann
mit ähnlicher Begeisterung aufgenommen wie Felix Schillers selbstproduziertes„Musikvideo“
in Osnabrück.
Wie nun
damit umgehen?
Seitens
unserer Ultras stand schnell fest, auf jeglichen Support zu verzichten und
zwei, drei weitere Aktionen durchzuführen, um für den Vermarkter „Montagsspiele
so unattraktiv wie möglich zu machen“.
Der
angekündigte Stimmungsboykott wurde im Folgenden recht schnell von der Presse medial verwurstet
und Facebook und Co sei „Dank“ dauerte es nicht lange und ein nahezu jeder Emsländer
sah sich dazu berufen viral seine Meinung diesbezüglich zu äußern.
Zu 90 %
hagelte es Unverständnis, welches mal mehr und oftmals weniger sachlich in die
Tasten gehämmert wurde.
Der ein oder
andere selbsternannte Oberfan („ich war schon zu Zweitligazeiten bei jedem
Spiel im Stadion“) kündigte nun siegessicher an, das Heft in die Hand nehmen zu
wollen und den Ultras mal zu zeigen, dass es auch ohne die geht.
Um es vorweg
zu nehmen; obwohl Ultras und Umfeld nur einen verschwindet geringen Anteil
unter den knapp 3.000 Gästen ausmachten, bekam keiner der Internethelden irgendwas
gebacken, was annähernd als Support bezeichnet werden konnte.
Ansonsten
hüllten die aktiven Gruppen sich wie angekündigt in Schweigen und sahen ein im
Grunde leistungsgerechtes 0:0 bei einem Verein, der erneut angefangen bei
Catering, über den Einlass bis hin zur allgemeinen Durchführung merklich
überfordert war mit hohen Gästezahlen. Bitte steigt ab!
Wie stehe
ich jetzt zum Thema Supportboykott bzw. Protest? Um ehrlich zu sein, irgendwo
zwischen den Stühlen. Sicherlich kann ich Argumente der Boykottgegner nachvollziehen,
wenn es heißt, die Zusatzeinnahmen seien irgendwo wichtig, um wettbewerbsfähig
zu sein. Sicherlich ist auch nachvollziehbar, dass man stimmgewaltig so etwas
wie der 12. Mann sein kann und seiner Mannschaft in hakeligen Spielen wie diesem
heute die manchmal fehlenden 10-20 % verschaffen kann, ein Stimmungsboykott also
dir Mannschaft eher schwächt.
Auf der
anderen Seite steht das so oft zitierte „Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht
kämpft, hat schon verloren“ vom
Guten alten
Bertolt Brecht und ich finde es unheimlich wichtig, sich kritisch mit allerlei
Neuerungen im modernen Fußball auseinanderzusetzen, da diese allzuoft unter dem
Aspekt der ach so wichtigen Zusatzeinnahmen dem „normalen“ Fan schmackhaft
gemacht werden.
Wo aber geht
die Entwicklung hin, wenn sich nicht minimaler Widerstand regt? Zu glauben, es
werde langfristig auf eine zumutbare Entfernung für Auswärtsfans achtgenommen,
erscheint sehr naiv und ein Montagsspiel zum Beispiel wie Rostock gegen 1860 in
zwei, drei Jahren viel wahrscheinlicher als eine Beibehaltung der
Entfernungsbegrenzung.
Die Frage ist ja grundsätzlich; wir weit nickt man Schritt für Schritt eingeführte Neuerungen tatenlos ab, um irgendwann aufzuwachen und sich nur als unbedeutender Teil einer längst jedes Maß verlorenen Marketingmaschinerie 3. Liga wiederzufinden? Hab ich persönlich keinen Bock drauf und daher halte ich den heute gezeigten Boykott in der Sache für richtig, wenngleich Aktionen wie herbeigeführte Spielunterbrechungen bzw. deren erhoffte Wirkung sicherlich auch intern einer kritischen Selbstreflexion bedürfen…
Danke an Blaubacke für die Bilder!