Millwall FC – Derby County FC 2:1

18.08.2018

Championship

The Den

Zuschauer: 13.557 (1.436 Gäste)

 

 

Wer wie ich in den 80 und 90er Jahren zusammen mit der sich zu dieser Zeit stark verändernden Fanlandschaft großgeworden ist, der kann sich vielleicht an die Reportage der BBC erinnern, die sich mit der Fankultur bzw. Hooligans in verschiedenen Städten und Ländern beschäftigte.

Ich habe diese Reportage sicherlich ein Dutzend Mal geschaut und dabei jede einzelne Sekunde fasziniert aufgesogen, denn so einen Blick auf andere Fanszenen gab es bislang noch nicht vorher und war in dieser Prä-YouTube-Ära etwas vollkommen Neues.

Eingetaucht wurde im Wesentlichen in das Innenleben der Curva Nord von Lazio, „La 12“ von Boca Juniors und bezüglich England wurde der Millwall FC mitsamt seiner berüchtigten Anhängerschaft thematisiert.

Spätestens ab hier war klar, dass ein wesentlicher Abschnitt meines Lebens dafür bestimmt sein soll, all das mit eigenen Augen zu sehen und zu erleben.

Das Römer Derby wurde besucht, in Wurfweite zu La 12 auf den steilen Rängen der Bombonera ein Spiel verfolgt und um den Kreis quasi zu schließen, fehlte noch ein Besuch an der Zampa Road, der Heimat des Millwall FC im Südosten der englischen Hauptstadt.

Gerrit war von dieser Idee recht angetan und wenig später erhielt auch Blaubacke von seinem Arbeitgeber grünes Licht und so ging es an diesem DFB-Pokalwochenende, an dem der SVM ja bis auf ganz wenige Ausnahmen traditionell spielfrei hat, zu Dritt am Samstagmorgen in aller Frühe auf die Insel.

Die folgenden Stunden sind dann fast schon Routine. Rüberfliegen, mit dem Stansted Express zur Liverpool Street, Oyster Card aufladen bzw. kaufen und ab zur Unterkunft, zumindest die Rucksäcke schonmal verstauen.

Als Memo quasi an mich selbst ist mal festzuhalten, dass als Übernachtungsmöglichkeit die LSE Roseberry Hall ganz ordentlich ist. Gute Lage mit zahlreichen Pubs, Fressbuden auch auch nem Wetherspoon in der Nachbarschaft, sehr großzügiges Frühstück, Zimmer zwar äußerst einfach, aber mehr als ein Bett braucht man ja auch nicht. 

Heute dann also endlich mal ein Besuch bei Millwall.

Zweifelsohne ein Club, bei dem eine ganze Menge schön asiges britisches Fußballfeeling mitschwingt und der weit weg ist von der Glitzerwelt der ganzen Chelseas, Arsenals und wie sie alle heißen. „Working Class“ trifft hier wirklich noch weitgehend zu.

Die Gegend rund um die Haltestelle South Bermondsey gehört sicherlich nicht zu den bevorzugten Wohngegenden der Stadt, wenngleich die in Sichtweite emporwachsenden Banktürme ahnen lassen, dass sich hier in den nächsten Jahren einiges verändern dürfte.

Und natürlich; auch hier trifft man nicht ausschließlich auf kahlgeschorene stämmige Kneipenschläger, die das Stadionareal für Gästefans zur No Go Area machen. Eher ist wie so oft das Publikum bunt gemischt mit Familien, Altveteranen, Jungspunden usw, auch wenn der Anteil derjenigen, die sicher zuerst zuschlagen und dann fragen, schon auch irgendwo bemerkbar ist und Millwall auch vermutlich im Jahre 2018 jederzeit in der Lage ist, einen überdurchschnittlich starken Gewaltmob auf die Beine zu stellen.

Aber ist ja auch egal. Unserem Trio begegnete man durchweg freundlich und war erfreut über den Besuch aus Germany. Der Typ eine Reihe vor mir zeigte uns - wenn er nicht gerade damit beschäftigt war den Schiri oder die Gästespieler als „Wanker“ zu beschimpfen - seinen Handydisplayhintergrund, auf dem die Wappen von Millwall und Borussia Mönchengladbach abgebildet waren.

Alles ziemlich cool hier, wenngleich auch hier die Stimmung niemanden vom Hocker riss und auch die Gästefans sich weitgehend in Schweigen hüllten.

Selbst irgendein Freak, der doch tatsächlich im St. Pauli Shirt hier auftauchte, sich ausgerechnet eine Reihe vor uns hinsetzte und sich seltsamerweise als Ösi aus der Nähe von Salzburg zu erkennen gab, wurde in Frieden gelassen.

Naja, seine beiden Söhne hatten sich auch artig mit Millwall Trikots, Schals und Wimpel eingedeckt, also schön Geld dagelassen.

Der Rest des Tages würde dann im Wetherspoon bei Speisen und einigen Pints ausklingen gelassen und besonders Gerrit zeigte leichte Motivation, noch einen weiteren Pub aufzusuchen, was dann auch geschah.

Die Sperrstunde, der kaum nennenswerte Schlaf die Nacht zuvor und unser weitgehend fortgeschrittenes Seniorenalter verhinderten dann doch allzu große Eskapaden…