US Monastirienne – Stade Tunisien 1:0
29.12.2024

Stade Mustapha Ben Jannet

CLP-1

Zuschauer: ca. 8.000 (ca. 25 Gäste)

 

 

 

Am nächsten Tag sollte dann das zweite Spiel der kleinen Tour besucht werden. Erneut hatte man keinen sonderlichen Zeitstress, denn der Kick in dem etwa 200 Kilometer von Tunis entfernten Küsten- und Urlaubsstädtchen Monastir sollte erst um 13:30 Uhr angepfiffen werden.

Dorthin kommt man am besten mit einem Luage-Sammeltaxi. Diese 9er-Bullies fahren dann ab, wenn sich genug Mitfahrer gefunden haben, ich selbst habe aber nie länger als 20 Minuten gewartet, bis der Hobel voll war. Die Karren fahren ab von der Luage-Station, welche sich rund 10 Fußminuten südlich des Hauptbahnhofs (Gare de Tunis). Grundsätzlich gibt es auch die Option per Bahn zu reisen, wobei die Züge nur sehr unregelmäßig fahren und das Schienennetz im Land eher mäßig ausgebaut ist.

Auf dem Weg zum Luage-Bahnhof passiert man fußläufig und unausweichlich einen harten Gammelmarkt, auf dem sie zum Beispiel und hauptsächlich Hunde verkaufen. Von kleinen süßen Welpen bis zu richtig monströsen Kampfhunden ist alles dabei und die Wahrscheinlichkeit, dass die Tiere mit Papieren, Zuchtnachweis und dergleichen verkauft werden, ist ungefähr so hoch wie die des Championsleague-Titels für den VfL Bochum.

Insgesamt besteht hier wie in vielen Ländern südlich von Deutschland ein aus unserer Sichtweise irritierendes Verhältnis zu Hunden und Katzen, was auch an den zahllosen Straßenhunden und -katzen im Stadtbild zu erkennen ist. Ein, zwei Mal musste ich bei Dunkelheit eine Straßenabbiegung weiter als geplant gehen, um so ein vor sich hin kläffendes Hunderudel zu umgehen. Tollwut, Hundebisse, sprintartige Fluchtversuche oder dergleichen braucht man zum Beispiel nicht unbedingt.

So ging dann die illustre Fahrt nach Monastir los. Der gut 2-stündige Trip über eine gut ausgebaute Autobahn kostet 15.000 Dinar, was ca. 4,50 Euro entspricht. Das edle Gefährt hatte übrigens rund 870.000 Kilometer auf dem Tacho.

Dennoch wurde Monastir (ca. 190.000 Einwohner) pannenfrei erreicht und der kurze Fußweg zum Ground schnell absolviert. Auf dem Weg traf man noch einen anderen Deutschen, der mit irgendeiner Akkreditierung vom vergangenen Afrika-Cup um den Hals herumrannte und offenbar damit Einlass begehrte. Jeder wie er mag.

Ich hatte mir hingegen kaum Gedanken zwecks Ticket gemacht und auf eine Lösung vor Ort gehofft. Diese blieb aber zunächst aus, denn außer mir hatten alle Tickets, welche allerdings nicht hier, sondern irgendwo ganz woanders in der Stadt verkauft wurden.

Na herzlichen Glückwunsch. Völlig sinnlos! Aber Teil 2 der tunesischen Gastfreundschaft blühte auch hier wieder auf, als ein netter (!) Cop (!!) dafür sorgte, dass von irgendwo noch ein Ticket organisiert wurde und für lau in meine schmierigen Finger wanderte. Merci beaucoup!

Das 1958 erbaute Stadion Mustapha Ben Jannet ist ein ganz schickes Teil, wobei es eigentlich nur auf zwei Seiten (den Geraden) bebaut ist, während sich hinter den Toren einmal nur wenige Stufen und einmal rein gar nichts befindet.

Während ich auf der überdachten Haupttribüne Platz nehme, an dessen Ende sich auch der Gästebereich befindet, der maximal von 30 schweigenden Gästeanhängern des viermaligen Meisters bevölkert wurde, befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite u. a. der aktive Anhang rund um die „Ultras Monastir“.

Und hier gab es durchaus hörenswerte Unterstützung der Mannschaft zu beobachten bzw. zu lauschen. Gerade die erste Halbzeit konnte über weite Strecken sehr gefallen und war durch unerwartet südamerikanisch (!) geprägte Gesänge sehr kurzweilig. Optisch besteht hingegen sicherlich Luft nach oben, denn so wurde komplett auf Schwenker oder sonstiges Tifomaterial verzichtet, wobei ich natürlich die Hintergründe nicht kenne. Auch die Zaunbeflaggung bestand aus einer einzigen Fahne mit arabischer Schrift sowie einer Palästina-Flagge drüber. Die Flagge Palästinas ist derweil eine in tunesischen Fankurven nicht selten zu sehende und symbolisiert von mir stark verkürzt dargestellt das Viereck aus antikolonialer Orientierung (Tunis feiert nächstes Jahr im März die Unabhängigkeit von Frankreich), Identität, Solidarität und Widerstand.

Die zweite Halbzeit kochte der Support dann leider nur noch auf Sparflamme, wozu auch das miese Spiel, welches von vielen „scheinbar schwersten Verletzungen“ einiger Spieler immer wieder unterbrochen wurde, geprägt. Dennoch hat mir das Gesamtpaket ganz gut gefallen und so machte ich mich nach Spielende wieder auf gen Luage-Bahnhof, wo es erneut keine 10 Minuten dauerte, bis der Bulli gefüllt war und es zurück nach Tunis ging, wo ich nach ausgiebigem Fußmarsch durch die Stadt irgendwann im Hotel einkehrte und am nächsten Mittag den Heimflug antrat.

Top Tour!

Und so endet der letzte Bericht aus dem Jahr 2024 an dieser Stelle. Zeit, auch dieses Mal ein kurzes Fazit zu ziehen.

Das Fußballjahr 2024 war aus meiner Sicht vollkommen zufriedenstellend. Mit den Kapverden, Moldau, Kolumbien und Tunesien konnten vier neue Länderpunkte eingefahren werden. Zudem wurden mit dem Stadion Kaffeetälchen, der Radrennbahn zu Bielefeld, dem Südwest-Stadion in Ludwigshafen und dem Ellenfeld-Stadion in Neunkirchen vier Groundperlen Deutschlands abgehakt, was mich nahtlos zu meiner persönlichen Top-5 der schönsten besuchten Stadien bringt:

Schönste Stadien:

1.   Stadion im Kaffeetälchen (Bad Salzungen/Tiefenort)

2.   Stadion Renato Dall‘ Ara (Bologna)

3.   Ellenfeldstadion (Neunkirchen)

4.   Stade de Buraufosse (Lüttich/Tilleur)

5.   Südweststadion (Ludwigshafen)

Beste Spiele bezogen auf Atmo:

1.   Olympique Lyon – Paris Saint Germain (Cupfinale Frankreich)  (Mai)

2.   Dinamo Bucuresti – Petrolul Ploiesti (Juli)

3.   Hamburger SV – Preussen Münster (August)

4.   Rapid Bucuresti – CFR Cluj (Juli)

5.   Banik Ostrava – FC Kopenhagen (August)

Und so freue ich mich auf ein ebenso interessantes Jahr 2025. Die ersten Flüge sind gebucht, Spiele fest im persönlichen Matchplan verbucht und wie immer wird der Spielplan ansonsten recht spontan dafür sorgen, was gesehen werden kann.

Allen Lesern an diesen Stelle ein großer Dank fürs Besuchen dieser Seite und ein gesundes und in positiver Hinsicht ereignisreiches Jahr 2025!

Auf bald!

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