Novara FC – US Alessandria 1:0
06.01.2024
Stadio Silvio Piola
Serie C Girone A
Zuschauer:
3.245 (ca. 330 Gäste)
Am nächsten
Morgen war ich dann nach sehr geruhsamer Nacht schon recht früh wieder auf den
Beinen, denn um 7:50 Uhr sollte mein Zug via Mailand nach Novara fahren.
Für die rund
4-stündige Fahrt, die für die etwa 350km lange Strecke notwendig ist, bezahlte
ich vorab faire 22 Euro. Geht auch schneller, wenn man den Schnellzug nimmt,
ist dann aber mehr als doppelt so teuer. Und warum sollte ich, schließlich habe
ich ausreichend Zeitpuffer und blicke so überwiegend aus dem Zugfenster,
nachdem sich das Dunkel der Nacht langsam gelichtet hat. Vorbei an Städten wie
Modena und Parma und Piacenza erreiche ich nahezu pünktlich Milano Centrale, wo
ein irrsinniges Gewusel herrscht, ich mich aber freue, seit langer Zeit mal
wieder hier zu sein.
Einige
Interisti huschen an mir vorbei, um 12:30 ist Kick-off im San Siro gegen Hellas
Verona.
Für mich ist
aber hier lediglich der kurze Umstieg
angesagt und knappe 30 Minuten später sitze ich im Regionalzug nach Novara,
welches ca. 50 km westlich von Mailand liegt und Hauptstadt der Region Piemont
(die mit den Kirschen) ist.
Spätestens kurz
vor Zielankunft kommt Reiselust auf als mein Blick aus dem Zugfenster auf die
schneebedeckten Gipfel der Alpen fällt und ich wenig später den kleinen Bahnhof
der 100.000-Einwohnerstadt Novara betrete, um ihn sofort wieder stadtwärts zu
verlassen.
Novara kommt
recht beschaulich daher. Abseits der langgezogenen Haupteinkaufsstraße, die man
quasi direkt nach Verlassen des Bahnhofs betritt, ist an diesem Samstagmittag alles
ziemlich „entspannt“. Ich schlendere auf meinem ca. 40-minütigen Fußweg gen
Stadion an der Basilika San Gaudenzio vorbei und stehe einige Zeit später vorm
Stadio Silvio Piola.
Ziemlich viel
Stahlrohr, aber trotzdem ganz schick. Eine gute Stunde vor Anpfiff ist noch gar
nicht sooo viel los. Die Cops beziehen entspannt hinterm Gästeblock Stellung,
irgendein Offizieller übersprüht gerade das „Merda Alessandria“ an einer Wand
zum „Sectore Ospiti“, welches mutmaßlich wenige Stunden zuvor angebracht wurde
und in zwei Worten das Verhältnis der Anhänger aus den nicht mal 100 Kilometer voneinander
entfernt liegenden Städten definiert. Man mag sich nicht sehr, auch wenn der
große „Hass“ nun auch nicht zwingend zu herrschen scheint und durchaus
gegenseitiger Respekt herrscht.
Wenig später
trudeln auch die rund 300 Gäste ein, die nach und nach den Gästebereich füllen,
im Folgenden recht kompakt zusammenstehen und einen grundsoliden Auftritt
hinlegen. Paar eigene Melodien, Spaß an der Sache und das selbst in Zeiten, in
denen die sportliche Situation alles andere als rosig aussieht. Konkret ist der
Verein derzeit Vorletzter und stark vorm Abstieg in die Viertklassigkeit
bedroht. Sehr bitter ist es dann, wenn du dir wie heute in der Nachspielzeit
das 1:0 fängst und in diesem Sechs-Punkte-Spiel gegen das nur zwei Plätze
weiter oben stehende Novara mit null Punkten nach Hause fährst.
Aber auch in
Novara trauert man sicherlich besseren Zeiten hinterher und ist ebenfalls
bedroht, am Ende der Spielzeit abzusteigen. In der Saison 2011/2012 spielte der
Verein immerhin ein Jahr in der Eliteklassen, um vorher wie nachher zwischen
Serie B und Serie C hin und her zu dümpeln. Der Begriff einer
„Fahrstuhlmannschaft“ passt hier ganz gut.
Einer kleiner,
aber feiner ca. 100-köpfiger Haufen steht auch hier hinterm Tor und supportet
das Team. Führende Gruppe scheint „Nuares“ zu sein, was offenbar irgendwie
schlicht und einfach die dialektale Bezeichnung der Stadt „Novara“ ist. So war
es dann am Ende zwar ein äußerst lausiger Kick, dafür aber atmosphärisch schon
ganz cool. Zwei kleine italienische Mobs, die sich gesanglich duellieren; mehr
braucht es ja eigentlich nicht. Beide Szenen gedenken zudem mit Spruchbändern
Verstorbenen, so bezieht sich das „Ciao Tommy“ auf der Heimseite auf einen Fan
aus eigenen Reihen, der in der Silvesternacht im Alter von nur 16 Jahren an
einer schweren Krankheit verstarb und auf Seiten der Gäste widmet man ein
Banner Domenico "Mimmo" Pucciarini, welcher Gründer der Armata Rossa aus Perugia war
und kürzlich mit 69 Jahren von uns ging. Mögen sie in Frieden ruhen.
Trotz aller Gedenken
feierten die Hausherren nach Spielschluss den wichtigen Sieg, während die Gäste
frustriert noch eine viertel Stunde im Block verharren müssen. Ich mache mich
zufrieden auf den Rückweg zum Bahnhof, denn hier fährt um 17:05 Uhr mein Zug
zurück nach Milano.
Hier angekommen
kurz raus aus der Haupthalle und direkt in einen bereitstehenden Bus gen
Flughafen Bergamo, von wo am nächsten Morgen mein Rückflug gehen wird. Ich
hatte mich für die letzte Nacht in ein airport-nahes Zimmer mit Self-Check-
In einquartiert; direkt gegenüber befand sich eine Pizzeria, die noch eine
Stunde lang konsultiert und für gut befunden wurde.
Nächsten Tag
dann „on-time“ zurück und selbst die Bahn schaffte es, mich ohne nennenswerte
Probleme und Verzögerungen zurück nach Meppen zu bringen.
Guter Jahresauftakt!