05.02.2022
Selhurst Park
FA Cup (4. Runde)
Lange lebe Boris Johnson!
Man kann von dem
partywütigen Premier mit der Sturmfrisur ja halten, was man will, aber ein Herz
für Fußballasis scheint er zu haben, Olaf Scholz hingegen nicht; Stefan Weil
schonmal gar nicht, denn während auf der Insel wieder bis zum letzten Sitzplatz
verkauft werden darf, kreucht man in good old Niedersachsen (Stand 05.02.2022) immer
noch bei maximal 500 zugelassenen Zuschauern bei Fußballspielen herum.
Während sich also an
diesem Samstag einige Blauweiße auf den Weg nach Hannover machen, um dort vor
500 Zuschauern das Drittligaspiel meines SVM gegen den TSV Havelse in der knapp
50.000 Zuschauer (!!) fassenden Arena zu schauen, können sich Gerrit und ich
nur an den Kopf fassen und machen stattdessen einen Abstecher auf die Insel, um
dort zwei Spiele des FA-Cups mit unserer Anwesenheit zu beehren. Endlich
normale Menschen!
Abflug um 8:45 Uhr in
Eindhoven, d. h. ein Wecker, der bereits um 4 Uhr die Nacht für beendet
erklärt, sodass ich eine halbe Stunde später im Auto sitze. Doch was ist das?
Mein Rennford gibt keinen Mucks von sich! Nix, nada, nothing,
nur einige Lämpchen im Bordcomputer blinken in allen Diskofarben.
Mein laienhafter Verstand
von Kraftfahrzeugen vermutet eine leere Batterie (so war’s am Ende auch), aber
es ist natürlich keine Zeit, der Sache genauer auf den Grund zu gehen. Also mal
schnell den Gerrit angefunkt, ob er spontan fahren könne (gut, die Alternativen
waren auch sehr begrenzt), was er glücklicherweise auch bejahte. Auch sein
Renn-Polo gibt seit geraumer Zeit seltsame Klopf-Geräusche aus dem Motorraum
von sich, was aber nach Aussage des Fahrers „kein Problem“ zu sein scheint.
Und tatsächlich erlangen
wir ohne weitere Pannen den Eindhovener Airport, wo man eher durch Zufall eine
kostenlose Parkmöglichkeit nur wenige Gehminuten vom Terminal findet. Na sowas,
weiß ich doch mittlerweile für nahezu jeden Airport in relevanter Entfernung,
wo ich ein Kfz kostenneutral parken kann, ohne irre Wege zum Airport zu
bestreiten, so sind bzw. lediglich die Dinger in Amsterdam und Eindhoven harte
Nüsse, die jetzt zumindest teilweise etwas geknackt wurden. Einer Verifizierung
des Ganzen, gerade für längere Zeiträume,
bedarf es allerdings trotzdem noch.
Der Rest war dann
weitgehend Business as usual. Boarding, Flug, Landung, kurzer Weg zum Holiday
Inn Stansted Airport, wo man trotz morgendlicher Stunde schon aufs Zimmer
konnte. Nice!
Vielleicht kurz noch ein
paar Infos zum Einreiseprozedere.
Zumindest wenn du aus den
Niederlanden fliegst, musst du vorab ein sog. Passenger Locator Formular
ausfüllen und am Abflugairport neben deinem Impfzertifikat vorzeigen. Um dieses
Formular zu erhalten, muss unter anderem vorab bei irgendeinem britischen Anbieter
ein Coronaselbsttest bestellt werden, der dann ans Hotel geliefert wird und man
direkt nach Buchung eine Art Code erhält, den man wiederum zum Ausfüllen des
Passenger Locator Forms benötigt. Im Hotel hofft man dann, dass der Test pünktlich
geliefert wurde und idealerweise negativ ausfällt. Dann macht man ein Foto des Tests
und sendet dieses an irgendein Institut, um dann wenig später einen Nachweis
über das negative Resultat zu erhalten, welches man bei Ausreise dann tatsächlich
vorzeigen muss.
Kinder, Kinder – was ein
Blödsinn und zum Glück ist in wenigen Tagen (ab dem 11.2.22, 4 Uhr) der ganze
Spuk vorbei, da dann auch diese unsinnigen Regelungen fallen.
Dann jetzt aber auch mal
los. Der Stansted Express wird heute für einen Teil der Strecke per
Schienenersatzverkehr-Bus bedient, da das ganze Wochenende irgendwie an den
Gleisen rumgewerkelt wird. Das ganze Prozedere ist aber top organisiert und so
hält sich der Zeitverlust in Grenzen. War aber eh egal, denn Zeitdruck hatten
wir zur Abwechslung mal nicht und rund 90 Minuten vor Anpfiff spukt uns der
Railway an der im südlichen London gelegenen Station „Selhurst“ raus, von wo
die Massen die etwa 10 Minuten Fußweg Richtung gleichnamigen „Park“ wandern.
An nem Pub hat sich ein
feierwütiger Casual-Mob aus Hartlepool versammelt, frönt dem Konsum von einigen/mehreren
Pints und bringt ein paar englische Chants zum besten.
Sehr gut, es riecht nach
Fußball, kann nur gut werden heute! Der FA Cup ist ja – zumindest in den frühen
Runden- aus mehreren Gründen ein geiler Wettbewerb.
Zum einen kommt man so an
Karten, die einem deutschen Normalo sonst eher verwehrt werden, denn bei
Crystal Palace zu Premier League-Spielen Einlassberechtigungen zu erhalten, ist
nicht immer einfach und wenn, dann meist zu Preisen, die teurer sind als heute
im Pokal. Zum anderen bietet sich für klassentiefere Vereine die seltene
Möglichkeit, mal gegen vermeintlich große Name anzutischen, was natürlich
ebenso den Anhang mobilisiert. So zum Beispiel auch heute.
Der Hartlepool United FC
ist ein Verein aus der nordöstlichen Hafenstadt Hartlepool (86.000 Einwohner)
und derzeit in der League Two, also der 4. Liga, beheimatet.
Äußerst respektable 4.700
Anhänger der „Pools“ folgten heute ihrem Team nach Südlondon und machten den
Gästebereich pickepackevoll, was alleine schon geil aussah. Untermalt wurde das
Ganze von einigen blauweißen Fahnen und zur Überraschung brannte sogar hier und
da mal ein Bengalo; sogar auf dem Platz wurde ein Brennstab entsorgt.
Scheint auf jeden Fall
gut der Suff regiert zu haben bei dem ein oder anderen Top-Lad. Insbesondere in der Schlussphase wurde das
tapfer kämpfende Team stimmungsvoll nach vorne getragen, sodass zusammen mit
dem ebenfalls recht stimmgewaltigen Heimanhang die 90 Spielminuten zu den
bislang stimmungsvollsten von allen bislang gesehenen Spielen auf der Insel
wurden.
Hat definitiv Spaß
gemacht! Zu erwähnen vielleicht noch, dass sich auf Heimseite seit mehreren
Jahren eine Ultragruppe zentral-mittig der Hintertortribüne findet. Die
Holmesdale Fanatics Ultras existieren seit 2005 und bringen ultratypische
Elemente auf die heimischen Stands, Gerüchten zufolge gehörten ein Bursche mit
rumänischen und einer mit italienischen Wurzeln zu den Gründungsmitgliedern,
was ja so einiges erklären würde.
Sicherlich ganz nett,
aber prägen „tut“ diese Gruppe den Support meiner Meinung nach nicht
wesentlich, denn dieser ist insgesamt dann doch eher britisch, also eher
spielbezogen. In ruhigeren Phasen gleicht der Dauersingsang dann eher dem einer
kleineren niederländischen Ultragruppe. Mein Eindruck basiert natürlich nur auf
diesem einen Spiel und ist vielleicht auch nicht ganz fair, denn akzeptiert
scheint die Gruppe bei allen anderen Anhängern durchaus zu sein.
Auf dem Spielfeld setzten sich die Hausherren dann am Ende mit einen 2:0-Pflichtsieg durch und nach gut 100 Minuten Fußball (11 Minuten Unterbrechung durch einen Notarzteinsatz im Gästeblock; Gute Besserung! ) sagte man diesem sympathischen Londoner Verein „Goodbye“, um sich wieder in den Norden der Metropole zu begeben.