US Citta di Palermo – SSC Napoli   3:1

14.02.2015

Stadio Renzo Barbera

Seria A

Zuschauer: 12.784 (ca. 100 Gäste)

 

Der typische Sizilianer ist faul, kleinkriminell und wäscht sich nie! So sagt man zumindest.

Höchste Zeit also dies im Rahmen einer kleinen Feldforschung mal genauer zu prüfen.
Wer hier auf dieser Seite etwas genauer liest, wird vielleicht bemerkt haben, dass es über Karneval meist irgendwo hin geht. Dieses Jahr also mit der Freundin nach Sizilien, da Ryanair mal wieder preiswerte, exbir würde sagen „realpreisige“, Flüge im Sortiment hatte.

Los ging es also wieder am Freitagnachmittag via Eindhoven nach Catania, wo am Flughafen gleich mal die sizilianische Leichtigkeit deutlich wurde, wir nämlich über eine Stunde am Gepäckband rumstanden, ohne dass überhaupt auch nur irgendwas passierte!! Hass!!!
Naja, in Catania wurde zunächst eh nur die Nacht verbracht, zumal folgte der etwas andere Kulturschock auch direkt als das Erste, was man in der Altstadt sah, grölende und betrunkene Anhänger der Rotweißen aus Essen waren. Oh Gott, Hilfe! Was machen dir denn hier?

Am nächsten Morgen wurden per Bus (15,20 je Person) die rund 230 km nach Palermo absolviert, grundsätzlich ist hier der etwa stündlich fahrende Bus dem Zug vorzuziehen, da dieser zwischen fünf und sieben Stunden braucht, da er zunächst in die entgegengesetzte Richtung nach Messina fährt, wo der Bahnreisende dann umsteigen muss. Wäre etwa so als wenn man von München nach Köln erst über Berlin fährt….
Am Palermo-Centrale  angekommen, glaubte ich zunächst irgendwie in Zentralafrika zu sein, da ein nicht wesentlicher Teil der Einwohner eben genau hierher zu kommen schien. Man merkt halt schon die relative Nähe zum schwarzen Kontinent bzw. auch zu Lampedusa, von wo ein sicherlich nicht geringer Teil einst den Weg hierher gefunden haben mag und nun mehr schlecht als recht hier ein besseres Leben zu finden hofft.

Nachdem schnell im bahnhofsnahen Bed-and-Breakfast eingecheckt wurde, ging es zunächst zur Nahrungsaufnahme in eine Trattoria und später dann ein wenig die Einkaufsstraßen rauf und runter gebummelt.

Naja, gibt sicherlich schönere Städte als Palermo, besonders die Altstadt ist doch stellenweise recht zugemüllt, relativ viel Lungervolk unterwegs und die Bausubstanz vieler Gebäude ist doch sehr fragwürdig. Ok, der Abend bricht heran und wir treten so langsam den Weg zum Stadion an, was vom Bahnhof so etwa 5 km sein dürften. Kann man laufen, muss man aber nicht. Stattdessen führt Buslinie 101 direkt zum Stadion.

Hier angekommen ein unglaubliches Verkehrschaos inkl. wildem Gehupe, wie man es nicht anders aus südeuropäischen Ländern kennt. An der ersten Straßenabsperrung mussten wir direkt unsere Tickets, welche ich vorab bequem als „print@home“  auf dem Ticketportal listicket.it bestellt hatte, zusammen mit dem Perso vorzeigen. Zwar  gab es auch noch geöffnete Kassenhäuschen, aber so ersparten wir uns wildes Umhergesuche oder Anstehen.
Palermo gegen Napoli. Der Klang dieser Partie hätte vor 15 Jahren noch eine echte Rosine versprochen. Auch heute noch sicherlich attraktiv, doch der Glanz vergangener Tage ist doch etwas abgeblättert. Neapels Ultras akzeptieren die Tessera del Tifosi (Fankarte) nicht und dementsprechend war der Gästebereich auch nur mit rund 100 Neapolitanern gefüllt, von denen ein wesentlicher Teil auf der Insel zu wohnen scheint, was das Fanclub Sicilia- Banner vermuten ließ.

Palermos Szene ebenfalls eine, die massiv mit Repressionen zu kämpfen hat und hatte. An den heutigen Zuständen hat man zumindest indirekt Anteil, denn der ein oder andere erinnert sich sicherlich noch an die Bilder als zum Beispiel N-TV plötzlich eines abends Anfang 2007 live aus Catania berichtete, wo es im Anschluss an das sizilianische Derby zu schweren Ausschreitungen kam, in deren Verlauf der Polizist unter nach wie vor ungeklärten Umständen verstarb. Seitdem ist wohl in der italienischen Fankultur nichts mehr wie es war und einige Szenen sind mehr oder minder komplett von der Bildfläche verschwunden, andere halten sich wacker am Leben, wobei meiner Meinung nach die Trendkurve insgesamt leicht nach oben zeigt.
So auch heute zu sehen, denn die Nordkurve Palermos konnte insgesamt überzeugen. Angetrieben von mehreren von einer Lautsprecheranlage unterstützen Vorsängern war ständig recht stärker Support zu vernehmen, der hin und wieder durch Pyro ergänzt wurde. Die Szene der rosaschwarzen (und daher auch euch mal gleich der „Lieblingsverein“ meiner Freundin; nur wegen der Farben, tzzzzz) ist so strukturiert, dass im Oberrang (superiore)  ein Grüppchen von max 100 Leuten hinter einer völlig überdimensionierten Zaunfahne rumhampelt, aber natürlich kaum Akzente setzen kann. Der Großteil der Szene findet sich im Unterrang (inferiore) der Nordkurve ein und sieht sich selbst als wahre Ultras, während man sich ausdrücklich (zum Beispiel durch den Zusatz „inferiore“) von den Gruppen im Oberrang distanziert, die durch eine zunehmende Orientierung am Kommerz die Ideale der Bewegung verraten hätten. So oder so, waren einst so ruhmreiche Gruppen wie Warriors Ultras Palermo, Brigate Rosanero, Nouva Guardi im Oberrang vertreten, so sind diese kaum bis gar nicht mehr vorzufinden und somit das, was dort aktuell geboten wird, kaum der Rede wert.

Spielerisch bekam der tabellendrittplatzierte Gast heute kaum was auf die Kette, schlug mehrere Flanken ins Seitenaus, traf freistehend das Tor nicht und überließ den frech aufspielenden Hausherren die drei Punkte.
Nach dem Spiel dann wiederum sizilianische Planlosigkeit par excellence, denn eigentlich war man erpicht, von der in Stadionnähe befindlichen Bahnstation den Bus 101 ins Zentrum zu kriegen. Dieser sollte lt. Aushang bis Mitternacht im 13-Minutentakt fahren, was auch die zu einem guten Dutzend anwesenden Einheimischen so bestätigten. Die Zeit verging, aber kein Bus wollte kommen und so stand man letztlich über eine Stunde herum, bis man entnervt und mittlerweile kurz vor Mitternacht, mit fünf weiteren Einheimischen ein Taxi Richtung Innenstadt enterte und am Zielort dem Halsabschneider-Fahrer noch je 5 Euro in die Hand drücken musste, so dass er mal eben für etwa 5 Kilometer 35 Euro verdient hat. Ausnutzung einer Notsituation nennt man das wohl! Elendiger Bastardo!
Die nächsten 1,5 Tage blieben dann noch für Sightseeing Palermo und Catania, ehe am Montagabend der Rückflug anstand.