Olympiacos CF Piräus - AEK Athen 2:0
05.10.2008
Karaiskaki
Superleague
Zuschauer: 34025

 

Nach halbstündiger Metrofahrt stand man also erneut vorm Ground des 36fachen griechischen Meisters und betrachtete besorgt das nervöse Menschengewusel, welches doch arg auf "sold out" hindeutete und bei uns beiden nicht gerade zur Lässigkeit beisteuerte.

Wenigstens konnte man sich noch an unseren Besuch von heute Vormittag erinnern und wenig später fühlte sich sogar eine Offizielle für uns zuständig. Helfen konnte sie uns trotzdem nicht, stattdessen hatte sie nur schlechte Nachrichten. Kein Fax und auch keine Karten für uns. "You choose the worst game after the match against Panathinaikos!, war ihre Begründung. "Ist mir schon klar, Alte. Ich will mir hier ja auch keinen der vielen Rotzgegner in eurer Liga angucken, also gib Karten raus", sagte ähhhh dachte ich.

Jedenfalls zog auch das obligatorische "extra aus Deutschland wegen diesem einem Spiel usw." nicht, sodass nach einiger Diskussion enttäuscht aufgegeben werden musste.
Zur Vertröstung bot sie uns noch an, innerhalb der Stadionkatakomben in irgendeinem Raum das Spiel im Fernsehen zu sehen, nur halt nicht im Stadion selbst. Zwar bestand so theoretisch die geringe Chance doch noch irgendwie ins Stadion zu stürmen und im Getümmel unterzutauchen aber falls doch nicht, sitzt man wirklich über 90 Minuten in einem Raum im Stadion und guckt das Spiel im Fernsehen, zu dem man 3.000 Kilometer angereist ist. Asozialer geht's wohl nicht mehr. Obwohl, zählt eigentlich der Ground, wenn man das Spiel nicht von der Tribüne aus guckt, sondern auf einem Fernsehgerät, welches aber im Stadion steht? Wirklich existenzielle Frage! Wer dazu eine Meinung hat, kann mir gerne schreiben.

Naja, aufgeben ist nicht. Immerhin ist noch fast eine Stunde bis Anpfiff und vielleicht geht ja noch irgendwie was. Schwarzmarkt schien es jedenfalls nicht zu geben und von jedem, den man zwecks Karten ansprach, erntete man lediglich ein mitleidiges Lächeln. Kennt ihr das, wenn man verzweifelt einen Weg ins verschlossene Stadion sucht, von außen hört man bereits weit vor Anpfiff die megalauten Gesänge, Böller usw. und die Zeit läuft dir weg?
Brutales Gefühl!

Kaum noch Hoffnung wird man plötzlich auf einen Typen aufmerksam, um den sich gerade eine Menschentraube bildet. Also mal herangestürmt und Bingo! Hält der doch wirklich ein knappes Dutzend Ticket zum schwarzen Verkauf in der Hand. Die Dinger wurden ihm fast aus der Hand gerissen und man selber hatte in letzter Sekunde das Glück für 50 Euro dabei zu sein (Originalpreis lag bei 20 Euro).
Unfassbar welches Glück man wieder hatte denn soweit ich es beurteilen kann, war es der einzige Händler überhaupt. Kann also jedem, der sich mal ein Spiel von Piräus angucken will nur raten nicht ohne definitive Kartenzusage anzureisen, wenn Panathinaikos oder AEK zu Gast ist. Also mit richtig viiiiiiieeel Glück 5 Minuten vor Anpfiff fotogerecht, weil gegenüber von Gate 7, das Stadion betreten. Alles komplett in rot-weiß gehüllt, also wie erwartet keine Gästefans erlaubt. Ist ja in Griechenland leider so üblich, dass man bei Risikospielen keine Gästefans anreisen lässt. Dennoch ein fast ohrenbetäubenden Lärm kurz vor Anpfiff der Vergleichs zwischen dem Tabellenführer (Piräus) und dem Tabellenvierten. Die Leute drehen hier echt kollektiv ab. Zum Einlaufen der beiden Mannschaften dann die für Griechenland so oft übliche Blockfahne in Trikotform und nach deren Herablassen geile Pyroshow von Gate 7. Warum stört sich hier kein Schwein daran, wenn beim einen Livespiel des Tabellenführers mal eben 30-40 Bengalos abgebrannt werden? Warum ist es hier "südländische Begeisterung", wenn das Gleiche bei uns mit "randalierenden Chaoten" tituliert wird.

Verlogene Pressewelt, elendige!!!!
Tja, was soll man ansonsten sagen? Unterschied zur Stadionatmosphäre in Deutschland wird schon nach wenigen Minuten deutlich, nämlich darin, dass das gesamte Publikum absolut mitgeht und auch hier bei simplen Fouls oder Fehlentscheidungen völlig ausrastet. Stimmungstechnischer Höhepunkt sicherlich Mitte der zweiten Hälfte, als das gesamte Stadion, also knapp 35.000 Leute ihre Hände heben und einklatschen. Sehr irre und vergleichbares habe ich bislang nur in Poznan beim Spiel gegen Legia gesehen, wenngleich es da noch einen Tacken geiler rüberkam. Naja, in Deutschland natürlich gar nicht denkbar, weil der deutsche Birnfried wohl gar nicht wüsste, was er machen sollte.
Spielerisch schenkten sich beide Teams in einer hart geführten Partie zunächst wenig, bevor Piräus dann in der 63. (Darko Kovacevic) und in der 66. (Diogo) doch etwas abgezockter vor dem Tor agierte und so folgerichtig für den späteren Endstand und den Ausbau der Tabellenspitze sorgte. Jeder Treffer wurde übrigens von einem absolut sehenswerten Torpogo seitens Gate 7 und locker 20 Bengalos zelebriert.
Nach dem Spiel dann natürlich allgemeine Feierlaune und man selbst legte noch fünf Stationen in der völlig überfüllten Metro zurück und fand sich wenig später auf dem Hotelzimmer wieder, wo noch flink zwei Bier geleert wurden, ehe man ins Reich der Träume fiel.