FC Rapid 1923 – FC CFR Cluj 2:2
20.07.2024
Liga I
Stadionul Rapid
Zuschauer: Ca. 11.000 (ca. 120 Gäste)
Ein echtes Novum sollte es am nächsten Tag geben, denn wir
gingen am Vormittag ins Gym. Ja, tatsächlich. In‘s Gym.
Treibe ich mich in derartigen Einrichtungen im Alltag
durchaus mal herum, um mich halbwegs fit zu halten, so gab es dies auf einer Fußballtour
natürlich noch nie.
Zur Belohnung wurde der Nachmittag dann bei ein paar Bier am
hoteleigenen Pool verbracht und am frühen Abend der Standort gen
Bukarester-Altstadt verlegt, wo bei einem Burger und ein paar Craft-Bier der
vermeintliche Fitness-Erfolg wieder völlig zunichte gemacht wurde.
Später dann mit dem Bus ab in den Stadtteil Giulesti, wo
Rapid seine Heimat hat. Hatte ich noch die Ehre das alte Stadion mit einem
Heimspiel zu besuchen, so wurde dieses vor einigen Jahren abgerissen und auf
dem Baugrund das neue Stadion errichtet, welches im März 2022 offiziell
eröffnet wurde. Modernes Stadion, klar, aber durch seine Kompaktheit und eigentlich
genau passende Kapazität schon ein Ort, der Atmosphäre positiv fördert.
War mir damals schon die Peluza Sud von Rapid positiv in
Erinnerung geblieben, so war ich heute sehr gespannt, wie sich die Szenen in
den letzten Jahren und vor allem im neuen Stadion entwickelt hat.
Der Rahmen, nämlich dreifacher rumänischer Meister gegen fünffacher
Meister, sollte dafür einigermaßen passend sein.
Um es vorweg zu nehmen. Die Kulisse war prächtig und die mit
gehobenen Schals leidenschaftlich und inbrünstig gesungene Vereinshymne kurz
vor Anstoß war das lauteste, was ich seit längerer Zeit gehört hatte.
Sind die Vereinsfarben Rapids durch das schöne Weinrot eh
schon geil, so steigert sich diese Erregung noch beim Blick auf die geilen Schwenker,
die allesamt recht martialisch irgendwelche vermummten Typen etc. abbilden. Dass
die Szene von Rapid durchaus etwas ruppiger agiert, wurde zum Beispiel auch sichtbar
als es in der Halbzeit mal kurz auf der Geraden gegen die Cops rappelte, da
diese einen vermeintlichen Delinquenten rausziehen wollten. Gerüchten zu Folge
soll er kurz vorher mit Popcorn (!!) einen Spieler der Gastmannschaft geworfen
haben, als dieser nach einem vermeintlichen Foul den sterbenden Schwan mimte.
Obwohl die Lautstärke, die zu Beginn herrschte, im weiteren
Verlauf nicht komplett gehalten werden konnte, so war der Support insgesamt
schon sehr, sehr stark und das trotz dessen, dass die Szene von Rapid (wie die
gesamte rumänische Ultraszene) aktuell mit harten staatlichen Repressionen zu
kämpfen hat. Sämtliche relevante Fanszenen (die vom FCSB mal ausgenommen)
verzichten seit einiger Zeit auf eine entsprechende Zaunbeflaggung, stattdessen
prangt gut sichtbar oftmals einzig und allein ein Lappen mit der Aufschrift „Liber
sa fiu Ultra“ (frei übersetzt: Freiheit für Ultras) am Zaun. Hintergrund ist,
dass es bei der Partie Dinamo Bucuresti gegen UTA Arad im März dieses Jahres zu
Ausschreitungen kam und spätestens seit diesem Spiel der Staat hart gegen die
Ultrabewegung vorgeht.
Es folgten zum Teil willkürliche Verhaftungen, eine Hatz
durch die Presse, Stadionverbote und das Zünden von Pyrotechnik wird nicht
selten mit Haft geahndet.
Betroffen davon auch der langjährige Vorsänger der Peluza
Sud, der aufgrund der Umstände sein Amt niederlegte und die Rapid-Szene durch
diese Zäsur zur Zeit in einem Findungs- und Neuordungsprozess ist, was sich dann
folglich auch etwas auf die Stimmung auswirkt.
Ich fands dennoch top und auf starkem Niveau. Respekt verdienen
ebenfalls die rund zwei Busladungen aus dem etwa 600 km entfernten Cluj.
Solider geschlossener Auftritt, aber natürlich hatte man gegen die Stimmgewalt
der Heimszene kaum etwas entgegen zu setzen.
Nach Abpfiff machte man sich also gut zufrieden auf den Rückweg
zum Hotel. Dem Jan konnte man noch zu seinem ersten „tagesübergreifenden“ Kick
gratulieren, denn die Uhr zeigte mittlerweile 00:07 Uhr. Ich hatte hingegen vor
vielen Jahren mal einem Kick beim FC Valencia beigewohnt, wo tatsächlich erst
um 23 Uhr angestoßen wurde.
Rund eine Stunde Fußweg waren es zum Hotel und da rund ums
Stadion völliges Verkehrschaos herrschte, die Temperaturen immer noch bei wohligen
30 Grad lagen, machte man sich erstmal zu Fuß auf den Weg. Dabei überquerte man
zum Beispiel auch diese legendäre mehrere hundert Meter lange Metallbrücke über
die Gleise des Bahnhofs Bucuresti-Basarab. Außerhalb des Spieltages vermutlich
kein Ort, an dem man sich um Mitternacht rumtreiben müsste, aber so kamen geile
Erinnerungen auf. An diesem Ort an den Gleisen war ich vor 14 Jahren schonmal
und damals saßen hier tatsächlich noch Sinti und Roma am offenen Feuer und es
brannten irgendwelche Pappen und Autoreifen, während Straßenhunde
herumwuselten.
Davon ist heute kaum noch etwas zu sehen. Weder von Sinti und
Roma, noch von klebstoffschnüffelnden Kids am Gare de Nord noch von den
zahllosen Straßenhunden, die damals in in Rudeln durch die Straßen zogen. Einer
sehr fragwürdigen rumänischen „Politik“, nach der Streuner eingefangen werden
und wenn sie nach 14 Tagen nicht vermittelt werden, eingeschläfert werden, sei „Dank“.
Ganz schwieriges Thema für jemanden wie mich, der oftmals mit Hund und Katze
mehr anfangen kann als mit seinen Mitmenschen.
Wir hingegen nähern uns begleitet vom prallen und blutroten Vollmond
weiterhin zu Fuß unserem Hotel und sind dabei froh, dass uns ein 24/7-Market
noch mit kühlen Pivo-Dosen versorgen kann, sodass wir trotz ordentlicher Transpiration
hier nicht dehydrieren müssen.
Gute Nacht!