FK Sarajevo – KKS Lech Poznan 0:2
14.07.2015
Olimpijski Stadion Asim Ferhatovic Hase
2. Qualifikationsrunde zur Champions League (Hinspiel)
Das Highlight der 2.
Qualifikationsrunde zur Championsleague war sicherlich das Aufeinandertreffen
zwischen den Meister Bosnien Herzegowinas und dem polnischen Meister aus
Poznan.
Nach der Auslosung
wurden also kurz mögliche Anreiseoptionen geprüft und sich letztlich für die
bequemste Variante. d. h. Germanwings-Direktflug ab Köln Bonn
entschieden, Dienstagmittag hin, Donnerstagnachmittag zurück. Passt!
Die Alternativen wären
noch Anreise über Tuzla oder gar Zagreb gewesen, wo aber in beiden Fällen die
Ersparnis in keinem Verhältnis zum Aufwand stand. Als ich meine Freundin von
meinen Absichten informierte, sagte diese spontan ihre Begleitung zu -
zwar nicht in der freudigen Erwartung einem Fußballspiel zwischen zwei ihr
relativ unbekannten Teams beizuwohnen, sondern eher in der Aussicht
nebenbei zwei Tage lang eine bis hierhin unbekannte Stadt kennenzulernen.
Nach problemloser
Anreise und dem Einchecken in unser vorab gebuchtes Pensionszimmer ging es
direkt weiter in die Altstadt, welche zwar nicht sehr groß ist, aber dennoch
durch ihre kleinen Gassen, den vielen Restaurants usw. sehr zu gefallen weiß.
Noch nie war ich in einer Stadt, in der so viele Kulturen auf den ersten Blick
sichtbar nebeneinander leben. Kirchen neben Moscheen neben Synagogen. So kann
es doch auch gehen, wenngleich nicht wenige Experten behaupten, dass es im
gesamten Balkan aufgrund seiner ethnischen Heterogenität und weil vergangene
Gräueltaten nie wirklich aufgearbeitet wurden, unterschwellig gewaltig brodelt.
Hoffen wir, dass es dass es nur bei Vermutungen bleibt und man sich auf ein
friedliches Nebeneinander arrangiert.
Alles andere als ein friedliches Miteinander pflegten heute die Anhänger beider
Fussballklubs. Kaum sind wir fünf Minuten am zentralen Platz der Altstadt
unterwegs, spurten rund 15 junge Burschen in Horde Zla Shirts ( Horde Zla nennt
sich die Fanvereinigung des FK Sarajevo) aus einer Nebenstraße, schlagen zwei
Männer in Lech-Shirts nieder und decken diese auch am Boden liegend mit
zahlreichen Tritten ein, ehe die herannahende Polizei dem Spuk ein Ende bereitet
und die Angreifer sich blitzartig in alle Himmelsrichtungen verteilen. Fair
geht sicherlich anders, aber auch in der Nacht zuvor griffen schon mehrmals
Einheimische die Gäste an. Stets in deutlicher Überzahl und teilweise
bewaffnet, spricht dies sicherlich nicht für heldenhaftes Verhalten.
Dass dabei auch noch
mehr Bosnier als Polen verletzt wurden, lässt auf eine gewisse Selbstüberschätzung
auf Seiten der Weinroten schließen. So oder so, ich denke kein Land außer Polen
oder Russland reist beim Fußball mit einer solch hohen Dichte an Kampfsportlern
und Mutanten durch die Lande, denn was da in Reihen Lechs unterwegs war, war
schon mehr als imposant und diesen Haufen anzugreifen, grenzt schon an
Kamikaze.
Egal, Sarajevo war
jedenfalls auch am Nachmittag vor dem Spiel auf der Lauer nach Gästen und immer
wieder schlichen kleine Gruppen durch die Altstadt, um nach vereinzelten
Gästefans Ausschau zu halten, während wir bei leckerem Chevapcici und kühlem
Sarajevsko das Treiben beäugten.
Im Stadion dann später die erwartete Ultrashow. Zwar verzichteten beide
Fanlager auf spezielle optische Aktionen, wobei das Transparent mit der
schlichten aber klaren Aufschrift "Never Forget Srebrenica Genocide
Never Forgive" anlässlich des kürzlichen 20. Jahrestages des Srebrenica
Massakers an 8.000 bosnischen Muslimen sicherlich mehr Aussagekraft hat als so
manche aufwendige Choreo.
In der zweiten Hälfte
kamen dann die Zaunfahnen zum Vorschein, wobei man hier sicherlich gegen die
hammermäßigem Teile der ehemaligen Rivalen aus Belgrad, Split oder Zagreb noch
gewaltigen Nachholbedarf hat. Stimmungstechnisch war es aber das erwartete Highlight.
Sarajevo mit nahezu 90-minütigem Dauersupport, in dem auch zwei bis drei Mal
das übrige Publikum einstieg, gepaart mit den balkantypisch gewaltigen Klatscheinlagen.
Einzig ein Tor fehlte, um die Stimmung überkochen zu lassen, aber davon war
Sarajevo heute so weit entfernt, wie Weener Manni von einer Einladung zum
literarischen Quartett. Unfassbar schlecht, was da spielerisch gegen eine nicht
sonderlich starke Elf aus Poznan geboten wurde.
Die rund 1.000 Gäste aus Westpolen (unterstützt von Cracovia Krakow und LKS
Lodz) präsentierten sich ebenfalls sehr, sehr stark. Trotz weilläufiger
unüberdachter Schüssel mit Laufbahn (Olympiastadion von 1984) verschaffte man
sich mit polentypischen brachialen Gesängen ein ums andere Mal Gehör, wobei
besonders das " Hooligans, Lech Poznan Hooligans" in der zweiten
Hälfte komplett oberkörperfrei besonders geil kam. Videos dazu gibt's ja
reichlich im Netz, falls es interessiert. So geht auswärts international!!
Fakt ist sicherlich, dass es im Rückspiel für Sarajevo trotz der Allianz mit
Dresden rein gar nix zu holen geben wird. Nicht sportlich, nicht
stimmungstechnisch und nicht außerhalb des Stadions. Zu gewaltig ist der Gegner
in jeglicher Hinsicht und mit der Partie FC Basel gegen Lech steht in der
dritten Runde das nächste Highlight schon vor der Tür.