SK Slovan Bratislava - FK Crvena Zvezda 1:1

05.08.2010

3. Runde Europaleague Quali (Rückspiel)

Stadion Pasienky

Zuschauer: 12.500 (ca. 1.500)

 

Gegen Mittag in der slowakischen Hauptstadt angekommen, ging es direkt zum Pasienky Ground, in dem Slovan seit einiger Zeit seine Heimspiele austrägt. Das danebenliegende Tehelne pole, welches lange Jahre die eigentliche Heimstätte Slovans und Nationalstadion war, gammelt nur noch vor sich hin. Das Pasienky Stadion war ansonsten die Heimstätte von Inter Bratislava; diesen Klub gibt es jedoch nicht mehr, sodass Slovan jetzt hier seine neue Heimat gefunden hat. Die einst gelben Sitzschalen wurden kurzerhand gegen blaue ausgetauscht und fertig.

Am Tickethäuschen waren dann überwiegend Herren mit modischer Kurzhaarfrisur, reichlich Körperbemalung und T-Shirts, deren Aufdruck in Deutschland ein Besuch des Verfassungsschutzes garantiert hätte, anzutreffen. Also mal lieber bisschen die Klappe halten und schnell gegen Vorlage des Ausweises die teuersten Tickets erworben (25 Euro, dafür überdacht und mit Blick auf beide Fanblöcke). Dann gings im Auto weiter zum Hotel, wo das Zimmer bezogen wurde. Der Jan war im Vorfeld leicht verunsichert, da das Hotel damit wirbt „homosexuellenfreundlich“ zu sein. Was sollte uns erwarten? Gemeinschaftsduschen? Rosa Zimmer oder gar ein Portier in Frauenkleidung? Nein, im Endeffekt natürlich ein ganz normales Hotel, wobei sich dann wieder die Frage stellt, ob es auch homosexuellenfeindliche Hotels gibt und was einen dort erwarten mag. Wer da genaueres weiß, darf sich gern mal melden…..

Kurze Zeit später zog es uns direkt weiter Richtung Zentrum, um mal die Lage zu sondieren und nach evtl. bereits anwesenden Delije Ausschau zu halten. Angekommen staunte man nicht schlecht, denn alle Kneipen und Restaurants in der Altstadt waren von trinkfreudigen Serben belagert, die ihre Lieder sangen. Hier und da bewacht von einem Trupp Polizisten aber im Grunde alles friedlich. Jan und mich führte es derweil mal ein paar Meter weiter ans Ufer der Donau, wo man sich von einer slowakischen Schönheit das erste Bier des Tages kredenzen ließ. Das sind genau die Momente, in denen man sein Hobby liebt. Du sitzt an einem Donnerstag Nachmittag im schönen Bratislava bei einem Bier an der Donau, aus einiger Entfernung hört man die Gesänge der Delije und du weißt, dass es einfach ein geiler Fußballtag werden wird. Hier also erstmal ein wenig gechillt und später dann zurück am Marktplatz, um den Abmarsch der Gäste zum Stadion nicht zu verpassen. Rund zwei Stunden vor Anpfiff ertönte plötzlich Getrommel, was das Zeichen war, sich zu sammeln. Aus allen Gassen strömten nun nach und nach Serben, zündeten Bengalos und sangen. Geil!! Bei deutschen Vereinen wohl kaum denkbar, dass man sich im Ausland nahezu komplett sammelt, um geschlossen zu Stadion zu laufen. Noch kurz ein paar Worte irgendeines Capos durchs Megafon an die Masse und los ging der etwa dreiviertelstündige Marsch durch die Gassen Pressburgs, immer wieder garniert durch bengalische Fackeln und hammermäßige Klatscheinlagen.

Nachdem aus respektvollem Abstand ein paar Bilder geknipst wurden, liefen wir im letzten Viertel des Mobs einfach mit, immer in der Hoffnung nicht angesprochen zu werden. Wie der gemeine Serbe reagiert, wenn man ihm nur auf Englisch antworten kann und noch dazu nicht unbedingt wie jemand vom Balkan aussieht, wollten wir lieber nicht herausfinden. Als es dann an einer Kreuzung in der Nähe des Stadions zu einem kurzen „Hallo!“ einiger slowakischer Hools kam, worauf rund 100 Serben direkt in Bewegung kamen und sich als Antwort ein paar Steine von der angrenzenden Baustelle liehen, wurde das mulmige Gefühl nicht besser. Kurz vor Erreichen des Gästeeingangs setzten wir uns dann ab, da wir ja Karten für den Heimbereich hatten. Nun krochen zwar aus allen Ecken üble Slovan Kanten hervor und man wurde mit dem ein oder anderen misstrauischen Blick bedacht (oder hab ichs mir nur eingebildet?), letztendlich erreichte man aber unbeschadet das Eingangstor, wo auch ein paar „normale“ Menschen anzutreffen waren. Auf jeden Fall ein großes Potential hier vorhanden, ich wünsche Stuttgart schonmal viel Spaß! Die Ausgangssituation vor diesem Spiel war ganz nebenbei folgende: Bratislava hatte das Hinspiel in Belgrad mit 2:1 gewonnen, hatte also alle Trümpfe für den Einzug in die Playoffs in der Hand.

Ultras Slovan haben ihren Standort in der Mitte der Geraden und zeigten zu Spielbeginn eine kleinere Aktion mit blauen und weißen Zetteln in der Kurve sowie einer Überziehfahne mit Stadtsilhouette. Sah zwar etwas einfach gemalt aus, aber schon ok! Wichtig ist eh, das was akustisch geboten wird und das war schon hohes Niveau. Oftmals brachiale Lautstärke, die da aus dem Mob hervorgebracht wurde. Belohnt wurde es direkt in der 2. Spielminute durch ein Tor von Djordjevic, woraufhin wohl jemand beim Torjubel übers Hauptstromkabel stolperte, sodass für die nächsten 50 Minuten der Strom ausfiel und das Spiel folglich gestoppt wurde. Die randalegeile Anhängerschaft im schönen Meppen meldete sich auch bald via SMS und wollte wissen, was denn los sei (guckt ihr den ganzen Abend Videotext?). Flutlichtausfall statt Platzsturm lautete die ernüchternde Tatsache. Obwohl, beide Kurven boten exzellente Pausenunterhaltung. Der Gästemob begann sofort damit , ein Bengalo Richtung Hoolkurve Slovans zu schleudern, Sitze heraus zu reißen und versuchte, den Pufferbereich zu stürmen, was die Policija jedoch zu verhindern wusste. Slovan reagierte ebenfalls mit paar Sitzschalen und einigen Breslauer Feuern. Irgendwann beruhigte sich dann alles und es konnte endlich weiter gehen. Die riesige Anzeigetafel musste allerdings ausbleiben, verträgt sich wohl nicht mit dem angeschalteten Flutlicht und eine erneute Unterbrechung hätte der Schiri auch wohl nicht mitgemacht. Wir sind doch hier nicht in Timbuktu.

Bis zum Ende des Spiels waren die Augen dann überwiegend auf die Ränge gerichtet, da auf dem grünen Rasen eh Geht nicht gegen Kann nicht spielte. Der Roter Stern Mob natürlich ebenfalls mit klasse Support und hoher Geschlossenheit, in der zweiten Hälfte knickte man dann zwar etwas ein und wachte erst nach dem Anschlusstreffer wieder auf. Zwischenzeitlich gab man via Transparent seine politische Meinung kund, denn ein „Kosova je Srbija“- Lappen (Kosovo ist Serbien) wurde zuerst im Heimbereich gezeigt (die Slowakei ist einer der wenigen europäischen Staaten, der sich gegen die Eigenständigkeit des Kosovo ausgesprochen hat , worauf Delije mit gleichem (in kyrillischer Schrift) folgte.

Folglich besangen und applaudierten sich beide Fangruppen, während man sich kurz vorher noch gegenseitig aufs Maul hauen wollte. Der UEFA gefiel insbesondere der Lappen der Belgrader nicht (er hing wohl „fernsehgerecht“) und so versuchte ein Offizieller das Gespräch zu den Delije zu finden, was ganz interessant zu beobachten war. Er wurde dabei von den diversen Anstimmern von Pontius nach Pilatus geschickt, ehe er in einem ganzkörpertattowierten Tier den richtigen Kompetenzträger fand, der aber auch wohl „Nöö“ sagte, sodass die Fahne hängen blieb.

Nach dem Spiel (es war mittlerweile deutlich nach 23 Uhr), ging es für uns zwei zu Fuß zurück zum Hotel, immer schön den Blick im 360 Grad Radius, man musste schließlich an einigen „Plattenbauten“ vorbei und das finde ich nachts immer nicht so cool. Schließlich angekommen noch bei einem Bierchen den gelungenen Tag Revue passieren lassen und bald in den Schlaf gefallen.