Sporting Club de Portugal – CS Maritimo Funchal 0:1

10.02.2013

Primeira Liga

Estadio Jose de Alvalade XXI

Zuschauer: 24.169 (keine Gäste erkennbar)

 

 

Die alljährliche Republikflucht an Karneval wurde auch in diesem Jahr konsequent vollzogen. Mit im Gepäck: meine Freundin und die Sehnsucht nach ein paar Sonnenstrahlen und ein paar Plusgraden.

Bereits am Freitagabend ging's gen Amsterdam-Schiphol, wo noch in einen airportnahen Hotel genächtigt wurde, um am nächsten Morgen bereits gegen 6:50 in Richtung Lisboa abzuheben. Nach 2,5 Stunden Flug betraten wir dann zum ersten Mal im Leben portugiesischen Boden. Und welch ein schönes Gefühl; tatsächlich waren bereits jetzt die Temperaturen wesentlich milder als im frostigen Deutschland und der trübblaue Himmel ließ einen sonnigen Tag erahnen. Lissabons Airport verfügt praktischerweise über einen direkten Metroanschluss.

Eine Einzelfahrt kostet 1,40 Euro, alternativ kauft man sich vielleicht aber auch eine Karte mit 24 Stunden Gültigkeit. Das System ist hier eigentlich auch ganz clever gemacht. Beim erstmaligen Kauf erhält man eine kleine grüne Karte, die ab sofort an den in jeder Metrostation stehenden Terminals mit den jeweiligen Fahrten aufgeladen wird. Die Karte natürlich nicht wegwerfen, denn man muss sie sowohl beim Betreten wie auch beim Verlassen der Metro über ein Lesegerät halten.
Nach Eincheken im Hotel gings dann auch direkt weiter auf Entdeckungstour. Lissabon an sich ist in jedem Fall einen Besuch wert, da fiel auch nicht ins Gewicht, dass die Freundin partout nicht zu überreden war, sich den abendlichen Kick beim Zweitligaspitzenreiter Belenenses ( gegen Porto II, Endstand 2:1) anzutun. Nun, bei offiziellen 1.690 Zuschauern, die sich in der recht geilen 35.000er Hütte verlaufen, auch recht harte Kost, wenn man sich so gar nicht für Fußball bzw. Fanszenen interessiert. Zähneknirschend gab ich mich dann aber kompromissbereit und mimte den Vorzeigefreund, hehe.

Wenigstens "gespottet" werden konnte der Ground im Seefahrerstadtteil Belem. Dieser war einst, zu Zeiten als die Entdecker reihenweise von hier aufbrachen (allen voran sicherlich Vasco da Gama) eigenständig, ist aber längst mit Lissabon verschmolzen. Zu erreichen am ehesten mit der "Railway" (man könnte es auch einfach S-Bahn nennen) ab dem Bahnhof Cais do Sodre, von dort sinds nur wenige Minuten Fahrtzeit. Belem ist dann auch sowas wie ein Touristenmagnet, nicht wegen des Grounds von Belenenses, nein, sondern eher wegen so imposanten Bauten wie dem Torre de Belem oder dem Padrao dos Descobrimentos (Denkmal der Entdeckungen).

 Hat man einen Lissabonreiseführer in der Hand, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass eines von beiden Bauwerken auf dem Titelbild ist.
Naja, genug des Vorgeplänkels. Setzten wir uns in die Zeitmaschine und springen rund 24 Stunden nach vorne. Chaosclub Sporting bittet zum Tanz.  Chaosclub deswegen, da der 18- makige Meister jenseits jeglicher Ansprüche kickt und in dieser Saison sogar aufpassen muss, nicht in die Abstiegsränge zu rutschen. Aus wohl lautet Verzweiflung wurde im Laufe dieser Woche Trainer Franky Vercauteren
entlassen, der jedoch selber erst seit drei Monaten im Amt war. Dem nicht genug wurde zudem auch der komplette Vorstand ausgetauscht.
Schauen wir uns das ganze also mal aus nächster Nähe an. Was einem dabei für Pannen entstehen, wenn man allzu unbedarft an alles rangeht, darf ich ja eigentlich gar nicht erzählen, sondern sollte mir stattdessen ein Loch buddeln und mich aus Blödheit für den Rest aller Tage dort hineinsetzten.
Wenn der Kicker-Matchkalender Anstoßzeit 17 Uhr deklariert, ist das ja stets die deutsche Zeit. Wenn ein Land - in diesem Falle also Portugal - dann eine Stunde zurückliegt ist dort Anstoß wann? Klar, um 16 Uhr.
Hat ja jeder auf dem Schirm, nur mir fiel es erst 90 Minuten vor Anstoß wie Schuppen von den Augen, als man gemütlich bei nem Kaffee in einer Bar saß. Jetzt also bisschen Hektik und Eile angesagt, die werte Partnerin gut am Toben aber es hilft ja alles nichts. Mit der Metro (insgesamt gibt’s 4 Linien, alles sehr übersichtlich) zur Station Campo Grande, in dessen unmittelbarer Nähe der imposante Ground von Sporting liegt. Das passend zur Europameisterschaft 2004 eröffnete Stadion ist entsprechend modern mit eingegliederten Bürokomplexen, Einkaufsmöglichkeiten usw. Optisch aufgrund seiner geschwungenen Dachkonstruktion und den gewaltigen Dachstützen aber allemal ein Blickfang. Vor dem Stadion ein wahnsinniges Gewusel, rund 20 Minuten vor Spielbeginn stehen rund 40 Meter lange Menschenschlangen vor den Kassenhäuschen, ohne dass es merkbar vorwärts geht. Dazu hat es mittlerweile angefangen zu regnen, alles sehr unschön also.

Zum Glück hatte ich vorab Karten hinterlegen lassen, aber auch zur Abholung dieser musste das Stadion halb umkurvt werden. Der zuständige Mitarbeiter war dann auch nicht der schnellste. " Orrr, sieh zu Alter!" Ticket in der Hand, Treppe hoch und es ist bereits 16:05. Naja, verschmerzbar. Das Stadion nur etwas mehr als halb voll, die angesprochene sportliche Situation mag ein Grund sein und der punktgleiche Gegner von der Insel Madeira mag auch nicht jeden hinterm Ofen herlocken.
Zudem muss man fast schon genauer hingucken, um die örtliche Fanszene zu lokalisieren. Diese teilt sich in mehrere Gruppen auf, die sich auf beide Hintertorseiten bzw. deren jeweilige Eckbereiche aufteilen. Auf der einen finden sich das Directivo Ultras XXI und Torcida Verde (zumindest mit ein paar Schwenkern und Doppelhaltern im Gepäck), was ja eigentlich klangvolle Namen sind, aber stimmungstechnisch ein wahres Trauerspiel. Sehr geringe Mitmachquote, viele Pausen usw. Kaum besser auf der gegenüberliegenden Seite. Hier ist Juventude Leonia (gegründet 1976 und somit älteste Gruppe Portugals)  heimisch, aber auch hier kriegt man trotz zweier Vorsänger und Soundanlage kaum Alarm ins weite Rund. Alles sehr lustlos und wie gesagt eher geringe Beteiligung.
Gut, hier in Portugal haben viele Bürger weißgott andere Sorgen als Fußball, zudem ist der Sport nicht ganz frei von Korruption (naja, wo ist er das schon?) und die Ticketpreise sind für den Durchschnittsverdiener auch recht hoch, aber trotzdem hatte ich mir gerade von den Ultras etwas mehr erwartet. Das Spiel war übrigens so ne Mischung aus langweilig (1. HZ) und gut (2. HZ), da Sporting jetzt zumindest versuchte, den Rückstand wettzumachen und alles nach vorne warf. Letztendlich gedanklich aber sehr behäbig und wenig kreativ fand man kaum Lücken im Funchaler Bollwerk. So ändert sich auch nach den gerollten Vorstandsköpfen recht wenig an der sportlichen Situation, was die Zuschauer nach Abpfiff mit einem Pfeiffkonzert quittierten, ehe jeder - und so auch wir - seines Weges ging.

Fazit des Kurztrips: Lissabon als Stadt sehr geil und katapultiert sich mal eben in die Top 5 der besuchten europäischen Städte. Der Besuch bei Sporting sicherlich kein Kracher, aber den hat man auch nicht erwartet.