FK Austria Wien - SV Werder Bremen 2:2

22.10.2009

Franz-Horr-Stadion

Europa-League

Zuschauer: 11.000 (1.000 Gäste)

 

Eigentlich hatte man für diesen Donnerstag den Vergleich zwischen Brügge und Partizan Belgrad auf dem Wunschzettel aber recht kurzfristig gelangte man noch an zwei Karten für oben genannten Kick des dritten Spieltags der Euro-League. Der Jan tauchte also wie vereinbart um 5 Uhr in der Früh vor meiner Haustür auf , denn in 14 Stunden hatten wir einen Termin etwa 1.100 Kilometer weiter südlich. Der neue Golf 6 kann schon gut was und so gondelte man über Kassel, Nürnberg, Regensburg, Passau und Linz schließlich ziemlich genau zehn Stunden nach Abfahrt in der österreichischen Hauptstadt ein. Das via HRS vorab ausgewählte Hotel wurde dann dank Navi auch problemlos gefunden, allerdings musste man dazu durch halb Wien juckeln. So bekam man wenigstens schonmal ein kleines Bild von der Stadt, die doch gerade aus architektonischer Sicht an vielen Ecken ganz nett herkommt, Fans des barocken und gotischen Stils kommen hier mehr als auf ihre Kosten.

Wir hatten für sowas heute aber keine Zeit, somit im Hotelzimmer nur kurz frisch gemacht und direkt weiter ins Zentrum bzw. den Stephansplatz. Den Weg dorthin fand man halt irgendwie unter Benutzung von Straßenbahn und Metro, ohne dabei genau zu wissen, wo man sich gerade befand, da besonders die Straßenkarten den StraBa-Haltestellen sehr beschissen sind und immer nur winzig kleine Ausschnitte zeigen. Der Pioniergeist verbot das Befragen vom Einheimischen, es ging halt auch so. Am Stephansplatz vermutete man einen eventuellen Treffpunkt der Bremer Szene, musste aber recht schnell einsehen, dass es diesen wohl nicht gab. Bis auf vereinzelte Kleingrüppchen war hier kaum Fußballvolk unterwegs und die, die hier waren, waren eher peinlich (waren überwiegend total voll, hatten an jedem Handgelenk zwei Schals und grölten dumme Lieder) oder eher der Kategorie F wie Familienausflug zuzurechnen.

Hier also nur kurz umhergeschlendert, paar Fotos fürs Kulturalbum geschossen und direkt weiter Richtung Franz-Horr-Stadion (benannt nach einem ehemaligen Präsidenten des österreichischen Fußballverbandes). Mit der U1 fährt man hierzu Richtung Haltestation Reumannplatz, was auch die letzte Haltestation ist. Wahlweise sind es von hier noch ca. 15 Minuten Fußmarsch oder man fährt die paar Haltestationen mit der S-Bahn Richtung Haltestation Altes Landgut. Am Stadion musste man im zunehmenden Nieselregen noch kurz auf den Kartendealer warten, der aber alsbald erschien und wir wenig später zwei Zugangsberechtigungen in den Händen hielten. Unsere Plätze befanden sich auf der Haupttribüne des mit 11.000 Zuschauern ausverkauften Stadions, ein paar mehr Karten hätte man verkaufen können, wenn man für dieses Spiel ins knapp 60.000 Menschen fassende Nationalstadion umgezogen wäre. Da man dieses aber auch wohl maximal zu einem Drittel gefüllt hätte, (Rapid ist halt die Nummer 1 in der Stadt) entschied man sich vernünftigerweise dazu, im kleinen, engen Heimground zu bleiben.

Hier finden sich auf der größeren Hintertortribüne die Fangruppen der Austria und geben mit zahlreichen schicken Zaunfahnen ein doch ganz hübsches Bild ab. Ebenso weiß die Choreo zu Spielbeginn zu gefallen. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich a) ein weiterer Bereich mit rund knapp 1.000 Violetten, die allesamt auf den Sitzschalen stehend das Spiel verfolgen und oft in die Gesänge mit einstimmen und b) der mit ca. 500 Bremern gefüllte Gästebereich, in dem ebenfalls eine nette Choreo und später immer mal etwas Pyrotechnik geboten wird.

Mit der lieben Pyrotechnik wird es übrigens hier im bergigen Nachbarland relativ locker gesehen,; es wird geduldet, zumindest solange es im Rahmen bleibt und generell liegt die Verantwortung damit umzugehen eher bei den Vereinen. Somit erstrahlte auch im Heimblock hier und da mal ein Blinkbengalo, ohne dass es jemanden störte und auch der Stadionsprecher sparte sich jeglichen Kommentar. So solls doch sein, auch wenn die humorlosen Greise der UEFA sicherlich wieder einen willkommenen Grund sehen, ihre Kassen aufzufüllen. Zu Beginn des kommenden Jahres hat das Innenministerium allerdings ein Gesetz erlassen, welches den Umgang mit Pyro verbietet und somit unter Strafe stellt. Ein weiterer Schritt also auch hier, den Fan einzuengen, ihn mittelfristig aus dem Stadion zu verdrängen und dem teilnahmslosen aber zahlungskräftigen Eventpublikum den Weg zu ebnen! Es ist nur noch traurig!

Während ich so die Choreos der beiden Fangruppen abfotografierte, sprach mich noch ein Hopper mit österreichischen Akzent an, ob wir uns nicht kennen würden. Da er mir völlig unbekannt war , verneinte ich und auch er sah ein, dass er mich wohl verwechselt hatte (oder war er scharf auf mich??).

Trotzdem entwickelte sich ein kleiner Smalltalk. Er kam aus Graz und guckt dann und wann mal im „Europapokal“ bei der Austria vorbei. Hopping macht er erst seit 4 Jahren, vorher war er verheiratet und hat Kinder in die Welt gesetzt, eher er erkannte, dass dies wohl nicht so die Erfüllung ist und stattdessen Frau und Kind gegen nunmehr 35 Länderpunkte eintauschte. Sachen gibt’s.

Das Spiel hat sicherlich der ein oder andere im Free-TV gesehen. Auf jeden Fall ein recht munterer Kick mit einem überragenden Claudio Pizzarro auf Bremer Seite aber einer ebenso kämpferischen Heimmannschaft, die die 2:0 Führung der Gäste noch ausglich und am Ende sogar noch den Sieg auf dem Fuß hatte. Definitiv ein gut anzusehender Sport, dazu überdurchschnittlich gute Stimmung, die ich ehrlich gesagt in der Form nicht vom Austriaanhang erwartet hatte.

Allright, nach dem Spiel noch etwas im Stadionumfeld herumgelungert, wo aber nichts mehr passierte, also mal zu Fuß zurück zur Metrostation zurückgelaufen. An ner Kneipe an der Hauptstraße hatten massig Cops ne Kneipe mit innensitzenden Bremern abgesperrt, im Nachhinein erfuhr man, dass es hier vor dem Spiel wohl kurz gerappelt hatte. An der Metrostation lauerten dann auch ein paar böse schauende Wiener, Polizei war aber ebenfalls zur Stelle, glänzte aber wenig später durch absolute Planlosigkeit. Wir saßen bereits auf die Abfahrt wartend mit ca. einem Dutzend Bremern in der U-Bahn, als sich plötzlich eine ebenso große Gruppe vor den Augen der Staatsmacht dazu gesellte und direkt anfing, lautstark gegen die „scheiß Deutschen“ zu pöbeln und diese teilweise herumschubste. Leider waren die Bremer alles Normalos, sonst hätte man den ungebetenen Besuchern wohl schnell den Garaus gemacht, so scheuchte die Polizei aber alle Bremer wieder aus dem Abteil und lies die pöbelnden Wiener fahren. Die Bremer kannten sowas wohl nicht und waren natürlich in heller Aufregung. Sehr sinnlos mal wieder. Wir schlugen uns dann aber auch wenig später durch Richtung U-Bahn Station Schottentor, wo noch irgendwelche Studenten die nahliegende Uni besetzt hielten. Da es aber keine Freigetränke gab, verzichteten wir auf eine spontane Solidarisierung und erreichten nach längerem Fußmarsch und einen Zwischenstopp bei McD wieder unser Hotel, wo dann aufgrund starker Müdigkeit auch nicht mehr viel ging. Am nächsten Morgen bis 8 Uhr geschlafen und eine Stunde später den Heimweg angetreten. In zehneinhalb Stunden spielt der SVM schließlich in Bad Rothenfelde.